Osoby czytające wydania polityki

„Polityka”. Największy tygodnik w Polsce.

Wiarygodność w czasach niepewności.

Subskrybuj z rabatem
Świat

Ein Mensch mit menschlichem Gesicht

Paweł Krzywicki / Forum
Als er lebte, stritt ich mit ihm um Grundsätzliches. Seit er tot ist, wird für mich wichtiger, was er Gutes in unser Leben einbringen wollte und eingebracht hat.

Er war nicht einfach. Aber er hatte es auch nicht leicht. Er war Führer einer radikalen Formation, war aber selbst von Natur aus nicht radikal. Seine politische Basis war größtenteils brutal, rachsüchtig, oft unbarmherzig. Er selbst aber war gemäßigt, empathisch, warm und menschlich. Als ich ihn vor den Wahlen im Büro des Bürgermeisters von Warschau interviewte, sah er die Zigarettenschachtel in meiner Brusttasche.

„Wollen Sie rauchen?”
„Wenn ich darf.”
„Wir machen das Fenster auf, dann merkt es keiner.”

Er hatte in der Behörde Rauchverbot eingeführt. Aber ein Mensch ist ein Mensch. Auch ein politischer Gegner, den er in mir sah. Nicht nur bei Kleinigkeiten, die ohne große Bedeutung waren. Auch wenn es um Dinge ging, die er für sehr wichtig hielt und die das ideelle Fundament seines politischen Umkreises bildeten. Beispielsweise die Lustration. Er hielt sie für die Grundlage beim Aufbau einer guten und gerechten Ordnung in Polen. Ich habe diese Überzeugung nicht verstanden. Aber ich habe ihm seine Bemühungen angerechnet, die er anstellte, um die Bestrebungen der Vierten Republik zu bremsen, Unschuldigen durch die Lustration Unrecht tun zu wollen. Die Überzeugung, „wo gehobelt wird, fallen Späne”, teilte er nicht. Er tat viel, um in weiteren Lustrationsgesetzen die Privatsphäre und die Geheimnisse kleiner Fehltritte einfacher Leute, die nichts Böses getan hatten, zu schützen. Das unterschied ihn nicht nur von einem Großteil der Politiker von PiS sowie der „rechten Publizisten”, sondern auch von vielen in der Vierten Republik engagierten Politiker der PO mit Jan Rokita an der Spitze.

Ähnlich war es gewesen, als er zu Beginn der Transformation Lech Wałesa an der Spitze der Solidarność ersetzte. Die Gewerkschaft war natürlich gegenüber der Regierung von Mazowiecki, Balcerowicz, den Führern des OKP (Parlamentarischer Bürger-Klub) und gegenüber der sie unterstützenden „Gazeta Wyborcza” kritisch eingestellt. Und Lech Kaczyński war ebenfalls sehr kritisch. Als er aber den Kampf um das Erbe von Wałęsa gegen Marian Krzaklewski verlor, wurde seine Kritizismus zu einem brutalen Krieg.

Ähnlich war es, als nach mehrjähriger Pause sein Platz des Justizministers von Zbigniew Ziobro eingenommen wurde. Beide waren Befürworter einer kontroversen, populistischen, „harten” Strafverfolgung. Es war Lech Kaczyński, der in der Regierung von Jerzy Buzek  [als Justizminister, Anm. d. Red.].  die Anweisung gegeben hatte, so oft wie möglich vorübergehende Festnahmen zu praktizieren (was die Arreste überfüllte und zur humanitären Intervention internationaler Organisationen führte). Doch was für Kaczyński ein „hartes Instrument” zum Schutz vor Verbrechern war, wurde für Ziobro zum Instrument eines politischen Kampfes ohne Pardon. In der Hand eines Menschen ohne Empathie wurde das kontroverse Instrument der „Gerechtigkeit” zum Instrument der öffentlichen Ungerechtigkeit. Denn Härte und Brutalität unterscheiden sich nur in der Sensibilität. Lech Kaczyński konnte und wollte hart sein, aber er war nicht brutal.

Er verstand das Problem, aber die Politik hielt ihn in der Falle gefangen. Weil er Einfluss auf die polnische Politik haben wollte, gründete er eine Partei, die weit entfernt war von seinen eigenen Träumen. Nach der Niederlage der Zentrumsallianz (PC) rief er mit seinem Bruder [Jarosław, Anm. d. Red.]  die PiS (Recht und Gerechtigkeit) als eine Formation ins Leben, die die rechte „Machtlosigkeit” überwinden sollte, um die „postkommunistische” Ordnung zu zerschlagen. Und er hatte gigantischen Erfolg. Aber weder der Stil noch der Inhalt dieses Erfolges spiegelten seine politischen Vorstellungen und Träume. Er bekannte sich offen dazu, dass er zwischen einer Massenpartei und einer Ein-Prozent-Partei gewählt hatte, also zwischen einer Formation, die in Polen an die Macht kommen kann und einer solchen, die seinen persönlichen Ansichten gerecht werden würde. In der demokratischen Politik gibt einem selbst die stärkste Position und der größte Erfolg nicht die Chance, das zu tun, was man will. Um einen Teil dessen verwirklichen zu können, was man will, muss man viele Dinge tun, die man nicht will.

Ich glaube, dass Lech Kaczyński eines der markantesten mir bekannten Beispiele für ein derartiges „Drama der Politik” war. Dabei geht es nicht nur um die ungewollten Bündnisse mit Giertych, Lepper und Rydzyk. Nicht weniger schwierig war der Kompromiss mit Marek Jurek, Antoni Macierewicz und Jacek Kurski. Seinem Bruder fielen derartige Kompromisse leichter. Aber Lech plagte sich damit immer öfter und immer deutlicher. Er war nie ein selbständiger politischer Spieler. Immer ging er Schulter an Schulter mit seinem Bruder. Beim NIK (Oberster Rechnungshof) aber, in den Behörden von Warschau, im Präsidentenpalast, baute er konsequent sein Lager aus Menschen auf, die sich deutlich von der PiS-Norm unterschieden. Zuweilen hatte es geradezu ostentativen Charakter, wenn er internationale Angelegenheiten dem Schüler von Bronisław Geremek Andrzej Krawczyk anvertraute oder wenn er den der KOR-Linken nahestehenden Priester Roman Indrzejczyk (der auch in Smolensk umgekommen ist) zu seinem persönlichen Kaplan ernannte.

Verglichen mit der Partei war der Palast eine Oase der Ruhe und Sanftheit. Dieser Unterschied rührte nicht nur von der Verschiedenheit von Amt und Parlament her. Die Partei war in hohem Maße eine Notwendigkeit. Der Palast war hauptsächlich seine Wahl. Und vielleicht nicht nur seine. Die First Lady, war – zumindest in ethischen Fragen – zum im Alltag unsichtbaren linken Flügel der PiS geworden. Als sie in-Vitro-Befruchtungen befürwortete, schlug das nicht nur in Radio Maryja Wellen. In der Partei selbst auch. Denn die Partei bestand aus der heimatlose Wählerschaft der verschiedensten rechten Nischen: Xenophobe, Homophobe, katholische Integristen, extreme Traditionalisten, Nationaldemokraten, Autoritäre und ihre politischen Führer. Der Palast aber war hauptsächlich ein Sammelbecken für staatsgläubige Piłsudskianhänger, die offen für Modernisierung waren und ähnliche sozialen Neigung hatten wie der Präsident.

 



Kaczyński musste zwischen diesen Welten balancieren. Zwischen der Welt, die Piłsudskis Erbe verkörperte und mit der er sich selbst verbunden fühlte, und der Welt, die ihn in das höchste Amt gehoben hatte. Dieser Unterschied spiegelte sich in seinen Taten und Worten. Mit Worten zahlte er seine Schulden in der Partei ab. Wenn es aber um Taten ging, die von Bedeutung waren, agierte er nach seinem eigenen Verantwortungsgefühl. Er ließ sich zum Beispiel europhobische Rhetorik aufzwingen, die Rokita in dem Motto „Nizza oder Tod” zusammenfasste. Als es aber hart auf hart kam, unterschrieb er den Lissabonner Vertrag dennoch. Dann zahlte er wieder bei der Partei, indem er die Ratifizierung des Vertrages, den er bereits unterschrieben hatte, verschleppte, aber er ratifizierte ihn, als eine weitere Verzögerung zu einem realen internationalen Problem hätte werden können.

Wenn die Partei verlor, wuchs die Rolle von Palast und Präsident. In der Parlamentsfraktion wuchs die Bedeutung seiner Leute: der neuen Vorsitzenden Grażyna Gęsicka (ebenfalls in Smolensk umgekommen), die Rolle von Joanna Kluzik-Rostkowska, Elżbieta Kruk und Elżbieta Jakubiak. Unter ihrem Einfluss hat PiS begonnen, sich in die Richtung einer laizistischeren, zwar nicht-liberalen, allerdings nicht-xenophobischen und nicht-aggressiven, gemäßigten konservativen Rechten zu entwickeln. Eine solche Partei braucht keine schwierigen Kompromisse mehr, wie früher, als die erste Geige noch die Integristen und antieuropäischen Nationalisten spielten.

Seine menschliche Größe, seine Zurückhaltung und seine ideelle Identität unterschieden Lech Kaczyński von seiner politischen Basis. Aber sie konnten ihn vor dieser Basis nicht schützen. Erstens ermöglichte die Partei keine Zusammenarbeit mit vielen sehr kompetenten Personen, die für den Präsidenten akzeptable Ansichten hatten. Zweitens verführte der aus der Tradition Piłsudskis geborene Kult der politischen „Härte“ im Namen der Staatsraison diejenigen Personen aus der politischen Basis, denen es an Empathie und oft auch an Kompetenz fehlte, dazu, die verschiedensten Radikalismen zu entwickeln. Besonders in Fragen, in denen sich Kaczyński selbst nicht auskannte, sprich in Wirtschaftsfragen und internationalen Angelegenheiten.

Das waren seine zwei Achillesfersen. Denn Kaczyński war auch insofern ein Kind Piłsudskis als sein politisches Denken von dem „Unabhängigkeitsgedanken“ bestimmt wurde, für den die grundlegenden Politikfelder aus Symbolik, Identität, Souveränität, gesellschaftlichem Zusammenhalt und einem gemeinsamen Wertesystem gebildet werden. Er war in der Lage, minutengenau den Verlauf des Maiputsches [Der Maiputsch (Przewrót Majowy) ist die Bezeichnung des Staatsstreichs des Marschalls Józef Piłsudski vom 12. bis 15. Mai 1926, Anm. d. Red]  wiederzugeben und legte äußerst viel Wert auf die Tradition des Warschauer Aufstandes, war aber nicht so sehr an den Veränderungen der modernen Welt interessiert, dass er eine Fremdsprache erlernt und die internationale Presse verfolgt hätte. Der Preis dafür war, dass er von inkompetenten Beratern abhängig war, die ihm einredeten, dass ein unfreundlicher Artikel in einer deutschen Tageszeitung [hier: die taz und die Kartoffelaffäre, Anm. d. Red] eine radikale Reaktion auf höchster Ebene erfordere, dass es sich lohne, sich als Autorität in Georgien einzusetzen oder dass Radosław Sikorski sich mit den an die Macht kommenden Demokraten gegen den Raketenabwehrschild in Polen verbündet hätte.

Lech Kaczyński war in der polnischen Politik eine der tragischsten Gestalten. Das bewirkt, dass wir uns um sein Erbe sicherlich noch lange streiten werden. Einerseits gehörte er seit den 70er Jahren, als er sich mutig für die Opposition des KOR (Komitee zur Verteidigung der Arbeiter) engagierte, zu den hervorragendsten Fortsetzern der großen und schönen Tradition der Intelligencja eines Żeromskis und Piłsudskis. Andererseits haben sich die politischen Schicksale im freien Polen so seltsam gefügt, dass er Bündnisse eingehen und politische Programme akzeptieren musste, die er nicht wollte und die ihm fremd waren. Dank dieser Bündnisse kam er in der Politik zu höchsten Ehren, schliff einen Teil allzu scharfer Kanten der verschiedensten Splittergruppen der konservativen Rechten, bremste teilweise autoritäre Bestrebungen seiner politischen Basis und die hurra-liberalen Projekte der PO (Bürgerplattform), und trug dazu bei, dass sich die Debatten zu vielen Fragen pluralisierten oder gar öffneten.

Aber der Preis, den er dafür zahlte, schien ihm selbst hoch oder sogar zu hoch. Das schlimmste Paradoxon und die Ungerechtigkeit dieses polnischen Schicksals beruhen wahrscheinlich drauf, dass er in dem Moment umkam, als er zwar direkt seine Macht hätte verlieren können, aber auch zum ersten Mal in seinem Leben – wie mir scheint – nah dran war, wirklichen Einfluss auf die PiS zu bekommen, was ihm größere Chancen gebracht hätte, die polnische Politik zu beeinflussen. Paradox ist auch, dass sich erst nach dem Tod des Präsidenten herausstellt, welch eine bedeutende Rolle er doch in der polnischen Politik gespielt hat, was für eine beständige und große Figur er auf dem Schachbrett war. Die Irritation, die im politischen Leben eingetreten ist, zeigt, dass plötzlich jemand wirklich Wichtiges fehlt.

Der Nachruf erschien in der Sonderausgabe der Polityka vom 12.04.2010 | Übersetzung Antje Ritter-Jasinska | Redaktion: Paul-Richard Gromnitza

Więcej na ten temat
Reklama

Warte przeczytania

Czytaj także

null
Kraj

Przelewy już zatrzymane, prokuratorzy są na tropie. Jak odzyskać pieniądze wyprowadzone przez prawicę?

Maszyna ruszyła. Każdy dzień przynosi nowe doniesienia o skali nieprawidłowości w Funduszu Sprawiedliwości Zbigniewa Ziobry, ale właśnie ruszyły realne rozliczenia, w finale pozwalające odebrać nienależnie pobrane publiczne pieniądze. Minister sprawiedliwości Adam Bodnar powołał zespół prokuratorów do zbadania wydatków Funduszu Sprawiedliwości.

Violetta Krasnowska
06.02.2024
Reklama

Ta strona do poprawnego działania wymaga włączenia mechanizmu "ciasteczek" w przeglądarce.

Powrót na stronę główną