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Rys. Mirosław Gryń Rys. Mirosław Gryń Mirosław Gryń / Polityka
Dass Tomasz Raczek und Marcin Szczygielski, nachdem sie unlängst ihre fest Beziehung outeten, von einer Zeitschrift als „schönes Paar' tituliert wurden, könnte den Beginn eines kulturellen Wandels und wachsende Toleranz suggerieren. Stimmt das?

 

 

Anscheinend werden wir toleranter, aber nicht ganz. Es gibt Gegenbeispiele - wie den Feldzug einiger katholischer Kreise gegen eine Werbekampagne von IKEA, In der die Einrichtung einer gemeinsamen Wohnung von zwei Männern beworben wird. Aber auch das erwähnte Paar löste Kontroversen aus, zumal im TVP, das die Preisverleihung übertrug.

Eine eindeutige Diagnose, welches Verhältnis die Polen zu Anderen jeglicher Art, zu Minderheiten und „Abweichlern" haben, lässt sich schwer stellen. Es gibt pierzu sowohl die Meinung, dass es landesweit, also nicht nur in den Großstädten, schlechter um die Toleranz bestellt ist, als auch umgekehrt, dass insgesamt gesehen eine spürbare Verbesserung eingetreten ist. Ich tendiere zu der zweiten Ansicht. Meines Erachtens haben wir es mit einem fortgeschrittenen Wandlungsprozess vieler Einstellungen zu tun, die bislang gegenüber Anderen, wie Vertretern anderer Nationen, Rassen oder ethnischen Gruppen wie den Roma, die noch immer Zigeuner genannt werden, aber auch psychisch Kranken, Lesben, Schwulen oder Transsexuellen ablehnend waren. Ich glaube, dass die Einstellungen ihnen gegenüber sich zu mehr Akzeptanz und weniger Verurteilung verändern.

Als Ausgangspunkt mag das Verhältnis zu den Juden dienen, zumal zum symbolischen Juden, der eine wichtige Rolle im polnischen Selbstverständnis spielt. Denn es gibt das Wesen eines breiteren Phänomens wieder. Am Anfang des 21. Jahrhunderts stellte sich heraus, dass im Vergleich zum Beginn der demokratischen Transformation erheblich mehr Polen Abneigung gegenüber Juden empfinden und deklarieren. Zugleich ergibt sich aus den Erhebungen, dass antisemitische Ansichten entschieden häufiger und stärker betont werden als noch vor wenigen Jahren. Aloes deutet darauf hin, dass dieser Polarisationsprozess der Einstellungen sich eher vertieft hat, wobei die Ablehnung des Antisemitismus heute unvergleichlich stärker und offener vertreten wird.

Ich habe jedoch deshalb mit der Frage des Antisemitismus begonnen, weil sich zu Beginn dieses Jahrzehnts in Polen ein bestimmtes ideologisch-politisches Weltbild herausgebildet hat, das mal mehr, mal weniger, zweifellos aber auf einer nationalkatholischen Tradition aufbaut, die deutlich an die Ideologie der Nationaldemokratie anknüpft. Es besteht auch kein Zweifel, dass Radio Maryja daran einen gron Anteil hat, aber Radio Maryja ist schließlich nicht allein und auch keineswegs völlig isoliert in der polnischen Kirche. Und das hat weiterreichende Konsequenzen, nich nur für das Verhältnis zu den Juden.

Die Vorkriegstraditionen haben sich als überaus populär unter polnischen Priestern erwiesen, auch unter Bischöfen. Diese Gruppe katholischer Intellektueller bewahrte sozusagen die nationaldemokratische Tradition mit der Rechtswohltat des Inventars. Dieses „Inventar" ist eben ein autoritäres, äußerst kollektivistisches und die eigene Nation adorierendes Ensemble von Überzeugungen, für die das Verhältnis zum symbolischen Juden und dem für die Polen weniger wichtigen symbolischen Deutschen eine gravierende Rolle spielt. In diesem Sinne können übrigens die Abneigung gegen Juden und antisemitische Überzeugungen, zumal wenn sie sich politisch manifestieren (wie z.B. die Überzeugung, im heutigen Polen wären viele Politiker jüdischer Herkunft) ein sehr gutes Indiz für eine generalisierte Abneigung gegen Andere jeglicher Art sein, antihomosexuelle und rassistische Überzeugungen mit eingeschlossen. Ich war selbst überrascht, als wie eng sich im Umfragematerial der Zusammenhang zwischen antisemitischen Überzeugungen und der Tendenz zur Verurteilung jedweder „Abweichler" herausgestellt hat.

Die erste These lautet daher: Die Haltungen der Toleranz und Intoleranz sind bei uns stark mit der Politik verknüpft. Ein interessantes Beispiel hierfür, das sich wiederum vollständig auf Untersuchungsergebnisse stützt, ist die Tatsache, dass in den zwei Jahren der PiS-Regierung  die Zahl der Übergriffe und aggressiven Akte gegen Homosexuelle und andere sexuelle Minderheiten (die so genannten LSBT,  also Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle) erheblich angestiegen ist. Laut Angaben der Betroffenen ging die Zahl solcher feindseliger Verhaltensweisen nach den Wahlen 2007 deutlich zurück, nachdem organisierte aggressive Aktionen gegen Vertreter der LSBT-Gruppe aufgehört hatten.

Doch man kann wohl die Hypothese wagen, dass gerade diese hasserfüllten Aktionen und die ausgesprochen abfällige und demütigende Art und Weise, in der insbesondere in katholischen, der politischen Rechten nahe stehenden Medien über Menschen dieser Gruppe gesprochen wird, einen gegenteiligen Effekt hatte. Zum einen meinen heute entschieden mehr Polen, wie die CBOS-Umfragen zeigen, dass gleichgeschlechtliche Verbindungen rechtlich legalisiert werden sollten, obwohl sich gleichzeitig die Ablehnung der Ehe von Homosexuellen wie auch die Befürwortung eines Adoptionsverbots verstärkt haben.

Noch interessanter erscheinen zum anderen die Ergebnisse von Erhebungen in zwei polnischen Kleinstädten, Mława und Szczecinek. Die Umfrage aus diesem Jar kann ich mit Ergebnissen von vor zehn Jahren vergleichen (entsprechende Untersuchungen führten wir 1997 durch). Sowohl damals als auch heute fragten wir zu 18 ausgewählten „Abweichlern", ob sie eher verurteilt oder eher akzeptiert werden, von ehemaligen Kommunisten über Juden, Muslime, Prostituierte, Homosexuelle bis zu Feministinnen, Atheisten und Alkoholikern. Vor 10 Jahren tendierten die Einwohner von Szczeczinek insgesamt weniger dazu als das konservative Mława, Andere zu verurteilen. Das ist heute ebenso, doch der Unterschied zwischen den Bürgern beider Städte hat sich erheblich verringert.

Am meisten verändert hat sich wohl gerade das Verhältnis zu Homosexuellen. Unvergleichlich größer war übrigens auch die Akzeptanz in den Antworten zu Zigeuner/Roma, Arabern, Russen oder AIDS-Kranken. Interessanterweise betrifft die größere Toleranz auch Prostituierte, Alkoholiker sowie „Arbeitslose, die sich nich um Arbeit bemühen". Das Verhältnis zum symbolischen Juden, wie auch Deutschen hat sich allerdings nicht wesentlich verändert, ähnlich wie das zu Schwarzen, aber auch Atheisten und Feministinnen.

Was die Feministinnen anbelangt, so war und ist in beiden Städten die Abneigung nicht groß (in Mława 9 Prozent 1997 und 8 Prozent heute), auch wenn - und das ist interessant - in Szczecinek die Abneigung gegen Feministinnen gewachsen ist. Auch wenn nur wenig, ist es doch bemerkenswert, weil zugleich in beiden Städten heute die Abneigung gegen Personen, die Abtreibung zulassen, erheblich größer ist.

Hier ist also der Einfluss der katholischen Lehre zu erkennen, aber ein paradoxer: Einerseits werden von der Kirche hervorgehobene Regeln übernommen, andererseits finden aber bestimmte lancierte Einstellungen ein völlig gegenteiliges Echo, zamul wenn bei ihrer Vermittlung eine große Portion Hass und der Wunsch, die angeprangerten Menschen zu demütigen, im Vordergrund stehen.

In den Befragungen von Homosexuellen und anderen Vertretern der LSBT-Gruppe hat mich der relativ hohe Prozentsatz derjenigen überrascht, die angaben, dass ihre Angehörigen, Eltern, Geschwister und die weitere Familie über ihre lesbische oder schwule Orientierung Bescheid wüssten. Mehr noch, je jünger die Befragten, desto häufiger waren die Familien über ihre Orientierung informiert und desto höher war verständlicherweise die Akzeptanz der Angehörigen. Zwar ist die Situation hier nicht so eindeutig und existiert, anders als bei den oben angeführten Daten aus den beiden Kleinstädten, ein klarer Unterschied zwischen besser oder schlechter gebildeten Familien wie auch zwischen Großstädtern und Kleinstädtern in der Provinz und insbesondere Dorfbewohnern. Mehr noch, obwohl generell die Akzeptanz der Homosexualität von Frauen höher erscheint, sind Lesbierinnen In ländlichen, kleinstädtischen und weniger gebildeten Familien zugleich aktiver Aggression von Seiten der Familie, wahrscheinlich von erbosten Vätern, ausgesetzt.

Also haben wir es wie beim Verhältnis zu den Juden auch hier mit einer Art. Polarisierung der Einstellungen zu tun. Generell werden sie toleranter, aber es gibt ganze Gruppen, in denen sich die Abneigung gegen Verschiedenheit und Andersartigkeit erhärten und zunehmen. Wie passt das zu dem großen europäischen Abenteuer, auf das sich so viele Polen, zumal aus der Provinz, eingelassen haben? Meines Erachtens weist alles darauf hin, dass die Auslandsaufenthalte nicht nur die materielle Lage zumindest einiger Emigranten verändern, sondern dass sie auch ihr

Denken und ihr Weltbild beeinflussen.

Wieder kann ich kleinere Untersuchungen heranziehen, die ich im Rahmen universitärer Übungen mit Soziologiestudenten durchgeführt habe, ebenfalls in zwei, drei Kleinstädten, und zwar in Ostpolen. Aus den sorgfältigen Berichten der Studenten scheint hervorzugehen, dass die Berührung mit der multikulturellen, generell toleranten, offenen, auch den Polen selbst gegenüber freundlichen britischen, irischen oder italienischen Kultur schon begonnen hat, die Überzeugungen unserer Landsleute zu beeinflussen.

Zwar wurde in London angeblich eine besondere städtische Stelle eingerichtet, die an rassistischen Einstellungen, wie sie polnische Kinder und insbesondere ihre Eltern an den Tag legten, arbeiten sollte, aber dies war in hohem Maße auch darauf zurückzuführen, dass für Polen aus Siemiatycze oder Kock die Begegnung mit der ganzen Skala farbiger Menschen aus den verschiedensten Ecken der Welt eine Art. Kulturschock darstellte. Die von den Polen selbst so geliebte Homogenität von Kultur und Brauchtum ist für erste Kontakte mit einer so heterogenen, wahrhaft bunten Welt nicht förderlich.

Und nun zur letzten Frage, die ich ansprechen möchte: Das Problem der polnischen Toleranz, der Akzeptanz der menschlichen Heterogenität und generell der Tendenz, Anderen eher mit Sympathie als mit Antipathie zu begegnen, ist auch eine Frage des Verhältnisses der Polen zu sich selbst, zu ihrer eigenen Identität. Ich habe den Eindruck, dass die Erfahrung der massenhaften Emigration in den offenen Teil Europas eine besondere Eigenart der Polen bestätigt hat: Unabhängig von abgeneigten oder generell freundlichen Haltungen können sich Fremde, also Nicht-Polen, unter Polen oft - befremdlich fühlen.

Denn die Polen neigen dazu, die Vertrautheit unter Landsleuten, das Unter-sich-Sein, besonders zu zelebrieren, geradezu einen Kult darum zu treiben, und Anderen, sogar denen, gegen die sie gar keine Abneigung hegen, das Gefühl zu vermitteln, doch keiner von uns zu sein, irgendwie neben uns, den Unseresgleichen, den Landsleuten zu leben. Und ungeachtet dessen, wie tief die Trennlinien zwischen den Polen und wie feindselig ihre Einstellungen zueinander sind, bleiben wir gegenüber irgendeinem Fremden doch immer Landsleute. Vielleicht ist das das größte Rätsel In Verbindung mit der Einstellung der Polen zu Anderen, insbesondere zu Andersen Nationen, Rassen und kulturellen Minderheiten.

 

Prof. Ireneusz Krzemiński ist Soziologe und Professor an der Universität Warschau. Seit 1972 lehrt er am Institut für Soziologie der UW. In den Jahren 1997-1998 war er Professor an der Universität Danzig, 1998-2005 Prorektor der Jerzy-Giedroyc-Hochschule für Soziale Kommunikation und Medien, 2001-2002 Rektor der Hochschule für Personalmanagement. Er beschäftigt sich u.a. mit Erforschung von Wandlungsprozessen demokratischer Gesellschaften und antisemitischen Erscheinungen im heutigen Polen.

Der Artikel erschien in der Poliytka Nr. 49/2008 vom 03.12.2008. Übersetzung Silke Lent.

 

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