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Die Leute vom Runden Tisch. Eine Anwesenheitsliste

Krzysztof Miller / Agencja Gazeta
Im Jahr 2009 begehen wir den 20. Jahrestag des demokratischen Umbruchs in Polen. Alles begann mit Verhandlungen an einem berühmten Möbelstück.

Am 6. Februar 1989 nahmen im Namiestnikowski-Palais, dem heutigen Präsidentenpalast, 55 Personen, bestehend aus Vertretern der damaligen Regierung, der Opposition sowie drei kirchlichen Beobachtern, an einem großen Runden Tisch (er hatte - wie stets unterstrichen wurde - keine Ecken) zu politischen Gesprächen Platz. Die Seite der Regierungskoalition, wie sie damals genannt wurde, leitete General Czesław Kiszczak; die oppositionelle Solidarność führte Lech Wałęsa an.

Die Debatten wurden einzig am Tage ihrer Inauguration und ihrer Beendigung am Runden Tisch geführt. Wesentlich öfter (13 mal) hat man sich zu vertraulichen Gesprächen in die Villen des Innenministeriums (MSW) in der Zawrat-Straße und in das Dorf Magdalenka, in das Pfarramt in Wilanów, in das Amt des Ministerrats und in das Namiestnikowski-Palais' zurückgezogen. Dort wurden die Delegationen festgelegt und die Tagesordnungen erstellt und während der Debatten die wichtigsten Entscheidungen getroffen. Die Einzelheiten dieser Entscheidungen besprach man in Arbeitsgruppen in Gegenwart von Experten. An den vertraulichen Gesprächen nahmen 44 Personen teil, von denen manche nie im Rampenlicht gestanden und manche ausschließlich in den Arbeitsgruppen gewirkt haben.

Der Runde Tisch löste in Polen eine Welle demokratischer Veränderungen aus. Die damals getroffenen Entscheidungen bedeuteten für die Mehrheit der Verhandlungsteilnehmer das Ende ihrer politischen und oft auch ihrer beruflichen Karriere. Sie gestatteten aber einem Teil der früheren Nomenklatura eine weiche Landung. Für die Vertreter der Opposition und für ihre Berater bedeuteten die Umbrüche, aus der Untergrundarbeit hervorzutreten und eine Karriere im demokratischen Polen zu beginnen. Am Runden Tisch und in den Arbeitsgruppen saßen unter anderem drei spätere Präsidenten Polens (Lech Wałęsa, Aleksander Kwaśniewski und Lech Kaczyński), fünf zukünftige Premiers (Czesław Kiszczak - der aber keine Regierung bilden konnte -, Tadeusz Mazowiecki, Leszek Miller, Jan Olszewski und Jarosław Kaczyński), vier Vizepremiers (Jan Janowski, Grzegorz Kołodko, Aleksander Łuczak und Kazimierz Olesiak), sechs Marschälle und Vizemarschälle in Sejm und Senat (Mikołaj Kozakiewicz, Jacek Kurczewski, Zbigniew Romaszewski, Andrzej Stelmachowski, Józef Ślisz und Andrzej Wielowieyski), über 25 Minister und doppelt so viele Vizeminister, etwa 100 Abgeordnete und Senatoren, einige Präsidenten der Höchsten Gerichte und Tribunale, Botschafter, aber auch Chefredakteure neuer oder neu aufgelegter Zeitungen.

Von den 58 Personen, die direkt am Runden Tisch gesessen haben, leben heute 21 nicht mehr. Von den übrigen befinden sich 19 heute im beruflichen oder politischen Ruhestand, einige jedoch - wie Wałęsa, Kwaśniewski oder Miller - haben weiterhin politische Ambitionen. Beruflich oder politisch aktiv sind bis heute 18 Personen geblieben. Keine der Personen aber ist mehr in der Regierung oder im Parlament oder bekleidet ein hohes Kirchenamt. Die höchste politische Position sind zwei Mandate im Europaparlament und eine Anstellung als Berater des Präsidenten Lech Kaczyński.

Die Regierungsseite

Meistertischler des Runden Tisches seitens der Regierungspartei war General Czesław Kiszczak (heute 81 Jahre alt). Nach Beendigung der Gespräche kam er neben Wojciech Jaruzelski als Präsidentschaftskandidat in Frage. Der Kontrakt-Sejm nahm ihn als Kandidaten an, aber Kiszczak konnte keine Regierung bilden, weil die Vereinigte Volkspartei (ZSL) und die Demokratische Partei (SD) - die alten Bündnispartner der PZPL - mit der Bürgerlichen Parlamentsfraktion der Solidarność (OKP) eine Koalition eingegangen waren. Premier Mazowiecki besetzte für ein Jahr die Posten des Vizepremiers und des Innenministers mit Kiszczak. In den ersten Jahren der Dritten Republik Polens (III. RP) bescheinigte Adam Michnik dem General noch, dass er sich als Ehrenmann bewiesen hatte. Heute drückt Kiszczak die Gerichtsbank. Unter anderem wurde er schon zu zwei Jahren Bewährungshaft für seine Mitschuld am Tod der Kumpel in der Grube Wujek verurteilt. Das Institut für Nationales Gedenken (IPN) wirft ihm die Mitwirkung an der Verhängung des Kriegsrechts und die Entlassung eines Mitarbeiters des MSW vor, weil dieser seine Tochter hatte taufen lassen. Zweiter Tischlermeister auf der gleichen Seite war Aleksander Kwaśniewski (54). Er hat zwei Amtszeiten als Präsident hinter sich, der Status eines Politikers im Ruhestand scheint ihm allerdings nicht zu behagen. Kwaśniewski reist als Redner durch die ganze Welt, von Zeit zu Zeit liebäugelt er mit internationalen Ämtern, und er ist für einen Teil der polnischen Linken weiterhin die große Hoffnung. In einer ähnlichen Situation befindet sich Leszek Miller (62). Nach den Gesprächen am Runden Tisch war er vier Mal Abgeordneter, zweimal Minister und einmal Premierminister. Seit 2005 steht er, wie die gesamte Linke, auf dem Abstellgleis. Er baut eine neue linke Partei auf und lebt - nach eigenen Aussagen - von seinen Publikationen.

Eine andere Gestalt war Alfred Miodowicz (79), Vorsitzender des Gesamtpolnischen Gewerkschaftsverbandes (OPZZ). Für Miodowicz bedeutete der Runde Tisch das Ende einer blitzartigen politischen Karriere. Vor der Verhängung des Kriegsrechts hatte kaum jemand von diesem Hochofenheizer aus der Krakauer Lenin-Hütte gehört. Schon 1983 leitete er die Förderation der Hüttengewerkschaften und ein Jahr später den OPZZ. Im Jahre 1985 wurde er Abgeordneter und Mitglied des Staatsrates, ein Jahr darauf Mitglied des Zentralkomitees (KC) und des Politbüros der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PZPR). 1988 befürchteten die Funktionäre des OPZZ, dass die Solidarność wieder erstarken, dass die Mitgliederzahl ihrer 7-Millionen-Zentrale sinken und sogar, dass die PZPR auf Kosten des OPZZ mit der Solidarność eine Allianz eingehen könnte. Sie begannen, heimlich Gespräche mit den Aktivisten der Solidarność zu führen, und Miodowicz schlug Wałęsa das berühmte Fernsehduell vor, in dem er aus dem Nobelpreisträger „Marmelade machen" wollte. Doch sein Plan ging nicht auf, im Gegenteil. Am Runden Tisch postulierte Miodowicz unter anderem freie Wahlen und die Aufhebung der Zensur. Er war bis 1991 Vorsitzender des OPZZ. Heute lebt er als Rentner in Krakau. Sein Sohn Konstanty ist heute ebenfalls politisch aktiv; er ist Abgeordneter der PO, der Bürgerplattform; zuvor war er Chef des Amtes für Staatsschutz (UOP).

Zu der acht Personen starken Gruppe des OPZZ gehörten Mitglieder der größten Branchengewerkschaften. Janusz Jarliński (57), Chef der Gewerkschaft der Krupinski-Grube (Jarliński war 1980 einer der Unterzeichner der Vereinbarungen von Jastrzębie), ist heute Rentner, genauso wie Romuald Sosnowski (78), der damalige stellvertretende Vorsitzende des OPZZ. Ebenso steht es um Jan Zaciura (74), der jahrelang Chef der einflussreichen Gewerkschaft der polnischen Lehrerschaft (ZNP) und zwei Wahlperioden lang Abgeordneter des Bündnisses der Demokratischen Linken (SLD) war. Funktionär des OPZZ auf der Wojewodschaftsebene in Bydgoszcz ist Harald Matuszewski bis heute (66); er war damals Funktionär der Gewerkschaft des Öffentlichen Nahverkehrs. In der Gewerkschaftsbranche blieb Maciej Manicki (54) als Geschäftsführer der Stiftung für Zusammenarbeit; er machte die größte Karriere. Manicki war unter anderem Chef des OPZZ, saß drei Wahlperioden lang als Abgeordneter des SLD im Sejm und war Vizeminister für Arbeit in der Regierung von Włodzimierz Cimoszewicz. Tadeusz Rączkiewicz (55), damals im LPG-Kombinat Manieczki tätig, ist schon seit Jahren kein Gewerkschaftler mehr. Mit dem Untergang der LPGs verlor er seine Basis und gewann eine Ausschreibung zum Aufsichtsamtsleiter der Anstalt der Sozialversicherungsgemeinschaft (ZUS) in Śrem (dt. Schrimm). Heute arbeitet er im Landkreis von Śrem und koordiniert dort die Sportveranstaltungen, von den Weltmeisterschaften für Wassermotorsport bis (als großer Boule-Fan) hin zur Boule-Spiel-Liga der Stadt Środa Wielkopolska (dt. Schroda). Stanisław Wiśniewski †, Chef der Gewerkschaft der Poligraphen, späterer stellvertretender Vorsitzender des OPZZ und Abgeordneter des SLD, der seine Parteifarben gegen die der Unia Pracy (Arbeitsunion) tauschte, lebt nicht mehr.

Die Vereinigte Volkspartei wurde am Runden Tisch von drei Abgeordneten vertreten. Geleitet wurde sie von Professor Mikołaj Kozakiewicz †, einem Erziehungswissenschaftler und Funktionär der Patriotischen Bewegung für Nationale Wiedergeburt (PRON). Bei den Wahlen 1989 wurde er aus einer 35 Personen starken landesweiten Liste zum Abgeordneten gewählt, aus der man außer Professor Adam Zieliński alle Kandidaten gestrichen hatte, die mit der damaligen Regierung zusammenarbeiteten. Er wurde Marschall des Kontrakt-Sejms und dann bei den ersten freien Wahlen 1991 Abgeordneter. 1993 zog er sich aus der Politik zurück, 1998 verstarb er. Die restlichen Plätze besetzten folgende Personen: Tomasz Adamczuk † - er beging 1993 Selbstmord, war Senator der Polnischen Volkspartei (PSL) - und Bogdan Królewski (64), ehemaliger Wojewode der damaligen Wojewodschaft Bydgoszcz und Vizeminister für Landwirtschaft sowie Sekretär der Chefs der ZSL. Nach den Verhandlungen am Runden Tisch stieg er in die Geschäftswelt ein. Sein Name taucht in Vorständen und Aufsichtsräten auf, unter anderem der Firmen Rolmeks SA (Kapitalgruppe), Mineks (Glashandel), Indykpol (Geflügel). Er sitzt im Landesrat für Geflügelzucht.

Die heute politisch bedeutungslose Demokratische Partei (SD) vertraten Professor Jan Janowski †, Metallurge, Rektor der Berg- und Hüttenakademie Krakau (AGH), ab 1976 Abgeordneter der SD, und Edward Zgłobicki †, Lehrer und Sekretär des Zentralkomitees der SD. Nachdem OKP, ZSL und SD eine Koalition eingegangen waren, wurde Janowski Vizepremier und Leiter des Amtes für wissenschaftlichen und technischen Fortschritt und Innovationen in der Mazowiecki-Regierung. Dann war er 5 Jahre lang Vorsitzender der SD. Er starb 1998. Zwei Jahre zuvor war Zgłobicki verstorben, der sich bereits nach dem Runden Tisch aus der Politik zurückgezogen hatte.

Der Nationale Verband der Bauern und der landwirtschaftlichen Kreise und Organisationen wurde von seinem Vorsitzenden Norbert Aleksiewicz † repräsentiert. Damals war er noch Abgeordneter der PZPR und Mitglied des Konsultationsrates an der Seite des Staatsratsvorsitzenden Wojciech Jaruzelski. Nach dem Runden Tisch wechselte er zur PSL, machte aber keine politische Karriere. Er verstarb 1994. Die PRON, die während des Kriegsrechts ins Leben gerufen wurde und aus PZPR, ZSL, SD und regierungsabhängigen katholischen Laien-Organisationen bestand, wurde von zwei Personen präsentiert: dem stellvertretenden Landesratsvorsitzenden der PRON, dem Professor für Ökonomie Jerzy Ozdowski †, der aus einer Gutspächterfamilie bei Jarocin stammte. Er war Funktionär des Klubs der Katholischen Intelligenz, dann des Polnischen Katholischen Sozialverbandes, Vizepremier und zu Zeiten des Runden Tisches Vizemarschall des Sejm. Nachdem die Debatten beendet waren, verlor er politisch an Bedeutung. Er starb 1994.

Delegierte der PRON war auch Professor Anna Przecławska (79), damals Dekanin der Pädagogischen Fakultät der Universität Warschau und Mitglied des Konsultationsrates an Jaruzelskis Seite. Bis heute ist sie in der Arbeitsgruppe für die Theorie zur Kulturverbreitung in der Pädagogischen Fakultät der Universität Warschau tätig. Die katholischen Laienorganisationen, die mit den Machthabern zusammenarbeiteten, bekamen je einen Platz. Den Verband PAX vertrat der Vorsitzende Zenon Komender †, Ökonom und ehemaliger Schulkamerad von Jaruzelski im Warschauer Gymnasium des Marianerordens. Nach 1945 hatte er (neben einer einjährigen Verbannung in die UdSSR) für sein Wirken in der illegalen Nationalen Partei 6 Jahre in einem polnischen Gefängnis gesessen. Dann war er 20 Jahre lang Abgeordneter des PAX und unter Jaruzelski Minister für Binnenhandel sowie Vizepremier. Am Runden Tisch saß er stellvertretend für den Staatsratsvorsitzenden. Nach Auflösung des Staatsrates ging er in Rente. Er verstarb 1993.

Der Polnische Katholische Sozialverband (PZKS) wurde vertreten von seinem Vorsitzenden und Abgeordneten Wiesław Gwiżdż †. Der PZKS wurde 1981 gegründet, war am Runden Tisch mit 5 Personen vertreten, die nicht für die Ausrufung des Kriegsrechtes gestimmt haben. Gleichzeitig waren diese Personen Initiatoren des ersten Gesetzesentwurfes zum Schutze des ungeborenen Lebens und setzten durch, dass das Bild der Mutter Gottes von Jasna Góra in den Sejm kam. Kazimierz Świtoń gab 2006 bekannt, dass Unterlagen des IPN, die ihm als Geschädigtem zugänglich gemacht wurden, bewiesen, Gwiżdż sei inoffizieller Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes (SB) unter dem Pseudonym „Plastyk" gewesen. Gwiżdż starb im August 2008.

Kazimierz Morawski (79) präsentierte den Christlichen Sozialverband, der sich später Christliche Sozialunion (UchS) nannte. Er stammt aus einer adligen Familie, die mit den Großadelsfamilien Branicki und Lubomirski verwandt ist. Morawski war Journalist bei „Słowo Powszechne" und „Za i Przeciw", war drei Wahlperioden lang Abgeordneter und zwei Wahlperioden lang Mitglied des Staatsrates, Funktionär der Nationalen Einheitsfront (FJN) und der PRON. Nach dem Runden Tisch blieb er Vorsitzender der UchS, die 1996 eine Koalition mit dem SLD einging. Morawski war auch Berater des Präsidenten Alexander Kwaśniewski in Sachen nationaler Minderheiten und Ökumene. Er gab dieses Amt 2001 auf, nachdem die „Gazeta Polska" seine Artikel aus „Za i Przeciw" zu den Märzunruhen 1968 veröffentlicht hatte. Im Amtsgerichtsregister sind Informationen darüber zu finden, dass die UchS in der Auflösung begriffen ist. Im November 2008 beschloss der Wojewode von Masowien, der Familie Morawski das Palais aus dem 18. Jahrhundert in Mała Wieś bei Grójec (unter anderem Morawskis Geburtsort) zurückzugeben, das ihnen nach dem Krieg aberkannt worden war. Über ein halbes Jahrhundert lang befand sich hier eine Erholungseinrichtung für die Regierung.

Drei Sitze auf der Seite der Regierungskoalition besetzten Vertreter aus der Wissenschaft. Die Hauptperson hier war Professor Aleksander Gieysztor †, Medievist, Präsident der Polnischen Akademie der Wissenschaften (PAN), Direktor des Warschauer Königsschlosses und außerdem Mitglied des Konsultationsrates unter Jaruzelski. Im Jahre 1994 war er Mitbegründer der Humanistischen Akademie in Pułtusk (dt. Pultusk), die seit seinem Tod 1999 seinen Namen trägt. Vor drei Jahren ist Professor Jan Kostrzewski † verstorben, er war Epidemieologe, zu Zeiten des Runden Tisch Präsident der PAN, zuvor Gesundheitsminister in der Regierung von Józef Cyrankiewicz und Mitglied des Konsultationsrates unter Jaruzelski. Am Runden Tisch saß ebenfalls Professor Jan Rychlewski (74), Mathematiker und Mechaniker. Er leitete das Polnische Programm für Satelliten- und Kosmosforschungen und die Flugvorbereitungen des ersten polnischen Astronauten sowie das Gewerkschaftskomitee von PZPR und PAN. Nach dem Runden Tisch lehrte er unter anderem in China. Seit 1999 ist er Vorsitzender des Vereins der Polnischen Marxisten. Laut Statut, vereinigt dieser „Personen, die sich für den Erhalt der Tradition des Marxismus in der nationalen Kultur einsetzen". 2006 hatte der Verein 117 Mitglieder.

Bei den Gesprächen gehörten zur Regierungsseite außerdem Marek Hołdakowski †, der erste Sekretär des Wojewodschaftskomitees (KW) der PZPR aus Gdańsk (Danzig)(verstorben 1991), und Stanisław Ciosek (69), ehemaliger erster Sekretär des KW der PZPR in Jelenia Góra (Hirschberg), in den 80er Jahren Minister für Gewerkschaftsangelegenheiten und Minister für Arbeit, Lohn und Soziales. Er war mit der Gewerkschaftsproblematik vertraut, was die Opposition zu schätzen wusste. In der III. Republik war er sechs Jahre lang Botschafter in der UdSSR und in Russland, nach seiner Rückkehr wurde er Berater des Präsidenten Kwaśniewski. Heute tritt er häufig als Experte zum Thema Russland auf.

Politisch im Abseits landete dagegen Zbigniew Sobotka (56), ein Walzarbeiter der Warschauer Hütte, der als Funktionär der PZPR schnell aufgestiegen war. Nach dem Runden Tisch war er vier Wahlperioden lang Abgeordneter der SLD sowie zweimal Vizeminister für Inneres. 2005 wurde er der Weitergabe geheimer Informationen über einen geplanten Polizeieinsatz an Politiker angeklagt, die mit korrupten Kommunalräten von Starachowice zusammenarbeiteten. Das Gericht verurteilte Sobotka zu 3,5 Jahren Freiheitsstrafe, die Präsident Kwaśniewski kurz vor Ende seiner Amtszeit im Rahmen einer Begnadigung auf ein Jahr Bewährung minimierte. Das letze und untypischste Mitglied dieser Gruppe war Władysław Siła-Nowicki †. Untypisch, weil er antikommunistischer (sogar zum Tode verurteilter) Aktivist, Mitarbeiter des Komitees zur Verteidigung der Arbeiter (KOR), Verteidiger in politischen Prozessen, Berater der Solidarność und auch Mitglied des Konsultationsrates unter General Jaruzelski gewesen war. Schon in der III. Republik hatte er versucht, die christliche Demokratie wieder zum Leben zu erwecken. Er starb 1994.

Die Opposition

Die größte Karriere machten Lech Wałęsa (65) - er war eine Wahlperiode lang Präsident der Republik Polen - und Tadeusz Mazowiecki (81), erster Premierminister der III. Republik. Zu seinen drei Wahlperioden als Abgeordneter des Klubs ZNAK (dt. Zeichen) in der Volksrepublik kamen drei weitere im Sejm der III. Republik. Im Jahre 1990 kandidierte er für das Amt des Präsidenten, kam aber nicht in die zweite Runde. Als Wałęsa seine Präsidentschaft beendete, ehrte er Mazowiecki mit dem Orden vom Weißen Adler.

Acht Personen des 26 Personen starken Teams um Wałęsa am Runden Tisch leben nicht mehr. 1990 starb Professor Klemens Szaniawski †, Logiker und Philosoph; er wurde 17 Jahre nach seinem Tode von Präsident Kaczyński mit dem Orden vom Weißen Adler beehrt. Zwei große moralische Autoritäten, langjährige Mitarbeiter des Wochenmagazins „Tygodnik Powszechny" (TP), weilen ebenfalls nicht mehr unter uns: Der Chefredakteur Jerzy Turowicz † (1999 verstorben) und Stanisław Stomma † (2005 verstorben). Stomma war in der Volksrepublik Polen Führer der ZNAK-Bewegung, in der III. Republik saß er eine Wahlperiode lang im Senat. Beide wurden 1994 von Präsident Wałęsa mit dem Orden vom Weißen Adler ausgezeichnet. Ebenfalls Autor bei TP und Vorsitzender des Verbandes der Polnischen Literaten, der während des Kriegsrechts aufgelöst wurde, war Jan Józef Szczepański †. Nach dem Runden Tisch wurde der Verband der Polnischen Schriftsteller ins Leben gerufen, und Szczepanski war ein Jahr lang sein Vorsitzender und danach - bis zu seinem Tode 2003 - Ehrenvorsitzender. Ebenfalls verstorben sind Józef Ślisz † (verstorben 2001), der die Unabhängige Selbstverwaltete Gewerkschaft (NSZZ) der Einzellandwirte der Solidarność präsentiert hat (danach war er zwei Wahlperioden lang Senator und Vizemarschall im Senat) und Professor Witold Trzeciakowski † (verstorben 2004), Senator der I. Wahlperiode und Minister in der Regierung von Mazowiecki, wo er den Wirtschaftsrat leitete. Im gleichen Jahr starb Jacek Kuroń †, mit dessen Anwesenheit am Runden Tisch die damaligen Machthaber lange nicht einverstanden waren. Er war viermal Abgeordneter, zweimal Minister für Arbeit und Sozialpolitik, und 1995 kandidierte er für das Amt des Präsidenten. Im Juli 2008 verunglückte Professor Bronisław Geremek † bei einem Autounfall. Er hatte die OKP geleitet, war viermal Abgeordneter, einmal hatte er versucht, eine Regierung zu bilden, und war Außenminister. Zuletzt war er Europaabgeordneter. Kuroń und Geremek wurden noch zu Lebzeiten von Präsident Aleksander Kwaśniewski mit dem Orden vom Weißen Adler ausgezeichnet.

Der Rest des Wałęsa-Teams lebt, hat aber keine solch exponierten Ämter mehr inne wie zu Beginn der III. Republik. Berater des Präsidenten Lech Kaczyński in Sachen Polonia ist Professor Andrzej Stelmachowski (83). Er war der erste Marschall des Senats, 18 Jahre lang Vorsitzender des Verbandes der Polnischen Gemeinschaft und in der Regierung von Jan Olszewski Bildungsminister.

Minister in der Regierung Mazowieckis war der Historiker Aleksander Hall (55); er war zwei Wahlperioden lang Abgeordneter. Ab 2001 zog er sich aus der Politik zurück und arbeitet seitdem wissenschaftlich. Mit einer Biografie über Charles de Gaulle erwarb er den Doktor für Historische Wissenschaften. Er ist mit Katarzyna Hall verheiratet, der derzeitigen Bildungsmisterin.

Zweifacher Abgeordneter und Minister für Nationale Sicherheit in der Kanzlei des Präsidenten Wałęsa war Jacek Merkel (54); er verließ die Kanzlei jedoch bereits nach knapp drei Monaten. Danach engagierte er sich in Unternehmen mit unterschiedlichem Ruf, unter anderem war er Vorstand der Solidarność Chase Bank SA, Mitglied in Aufsichtsräten vieler Firmen, Teilhaber einer Gesellschaft, die mit arabischen Ländern Handel betreibt, und der Mediengesellschaft 4 Media.

In Mazowieckis Regierung war der Historiker Professor Hendryk Samsonowicz (78) Bildungsminister. Während seiner Amtszeit wurde der Religionsunterricht wieder eingeführt. Heute ist er Mitglied im Präsidium der PAN und lehrt an der Humanistischen Akademie in Pułtusk.

Vorstand des Hauptzollamtes unter Premier Jerzy Buzek war Zbigniew Bujak (54), Untergrundaktivist der Solidarność in Masowien, Mitbegründer der „Gazeta Wyborcza", zweimaliger Abgeordneter, Aktivist der Bürgerbewegung für Demokratische Aktion (ROAD), der Union für Arbeit und der Union für Freiheit (UW). 1991 gab er zusammen mit Janusz Rolicki das Buch „Verzeiht mir die Solidarność" heraus. Er kandidierte erfolglos für das Amt des Bürgermeisters von Warschau und für das Europäische Parlament. 1998 schloss er sein Politologie-Studium an der Universität Warschau ab, heute wirkt er am Rande der großen Politik. Seine Unterschrift kann man unter offenen Briefen für die Verteidigung der Idee und der Macher der Solidarność, unter anderem für Lech Wałęsa und Stefan Niesiołowski, finden. Altersgenosse von Bujak ist Władysław Frasyniuk, Aktivist der Untergrundorganisation Solidarność in Niederschlesien. Er war drei Kadenzen lang Abgeordneter der Demokratischen Union (UD) und der UW. Von 2001 bis 2005 leitete er die UW, danach die Demokratische Partei (PD). Seit den 90er Jahren ist er Gesellschafter der FF Fracht GmbH, die sich mit Transport und Logistik beschäftigt.

Keine der Personen, die am Runden Tisch auf der Seite der Opposition gesessen haben, sitzt noch im Sejm oder im Senat. Zwei Personen sind Europaabgeordnete aus der Liste der PD. Andrzej Wielowieyski (81) war in der ersten Kadenz des Senats Vizemarschall. Das Mandat für einen Senatorenposten erwarb er zweimal, das für einen Abgeordneten dreimal. Fünf Kadenzen im Sejm und im Senat hat Grażyna Staniszewska (59) hinter sich. Ihr Name tauchte auf der sogenannten Macierewicz-Liste auf; nach acht Jahren Prozessierens fällte das Berufungsgericht das Urteil, dass sie weder inoffizielle noch bewusste Mitarbeiterin des SB gewesen ist.

Alojzy Pietrzyk (57), ehemaliger Bergarbeiter, ist heute Rentner. Er war Mitorganisator der Streiks von 1980 in den Gruben von Jastrzębie Zdrój und während der Debatten am Runden Tisch Chef der Solidarność für die Region Schlesien. In der ersten Wahlperiode des Sejms war er Abgeordneter der Fraktion der Solidarność und Verfasser des erfolgreichen Misstrauensantrags gegen die Regierung Hanna Suchocka, was nur vier Jahre nach dem Runden Tisch Personen mit PZPR-Vergangenheit gestattete, wieder Macht zu erlangen, nunmehr unter dem Schild des SLD. Pietrzyk hat sich aus der aktuellen Politik zurückgezogen. Im November 2008 zeichnete ihn Präsident Kaczyński mit dem Offizierskreuz „Orden der Wiedergeburt Polens" (OOP) aus.

Edward Radziewicz (60) ist seit 2003 berentet. Nach dem Runden Tisch und nachdem er die Leitung der Solidarność in der Region Westpommern in Szczecin (Stettin) abgegeben hatte, nahm er seinen Beruf als Hafenarbeiter wieder auf. Später war er Vorstand der Hafengesellschaften. Während der Feierlichkeiten zum 20. Jahrestag der Streiks von 1988, die er in Szczecin geleitet hatte, bat er die ehemaligen Streikenden um Verzeihung dafür, dass Polen nicht so ist, wie sie es sich erträumt hatten.

Mieczysław Gil (64), Hüttenarbeiter und später Journalist der Betriebspresse, war zu Zeiten der Debatten am Runden Tisch Chef der Arbeiterkommission der Hüttenarbeiter der Solidarność in der Lenin-Hütte (heute Sendzimir-Hütte). Danach war er zwei Wahlperioden lang Abgeordneter, arbeitete weiter in der Hütte, wirkte in der Partei Christlicher Demokraten und siedelte sich am Ende auf dem Lande an. Er publiziert wöchentlich ein Feuilleton im „Tygodnik Solidarność".

Edward Szwajkiewicz (54) war neben Wałęsa der zweite Elektriker von der Lenin-Werft am Runden Tisch. Bis 2001 war er als Sekretär in der Verwaltung der Danziger Region angestellt. Er hat das Vordiplom im Studienfach Öffentliche Verwaltung abgeschlossen. Zur Zeit leitet er das Technische Team in der Firma „Internationale Danziger Messen". Im August 2008 hat Präsident Kaczyński ihn mit dem Offizierskreuz OOP ausgezeichnet.

Von den Publizisten und Wissenschaftlern, die am Runden Tisch auf der Oppositionsseite saßen, ist Adam Michnik (62) seit Mai 1989 ohne Unterbrechungen Chefredakteur der Gazeta Wyborcza. Eine Wahlperiode lang war er Abgeordneter, heute macht er mit der Feder Politik (siehe Interview in der Weihnachtsausgabe der „Polityka"). Der zweite Journalist Stefan Bratkowski (74), war Vorsitzender des wieder entstandenen Verbandes der Polnischen Journalisten (heute ist er Ehrenvorsitzender). Er war Mitbegründer der Gazeta Wyborcza, konnte sich dort aber nicht halten. Ähnlich erging es ihm mit der Rzeczpospolita. Er schreibt weiterhin Bücher und arbeitet ehrenamtlich für das unabhängige Publikationsportal Studio Opinii. Professor Władysław Findeisen (82), ehemaliger Rektor der Politechnika Warszawska, ist heute Rentner. Er hat den Sozialrat des Primas geleitet. Danach war er zweimal Senator. Zu Wałęsas Team gehörte auch noch Władysław Liwak (66). Er war zwei Wahlperioden lang Abgeordneter und außerdem Wojewode der Wojewodschaft Tarnobrzeskie. Heute hat er eine Kanzlei für Rechtsberatung in Stalowa Wola.

Die Beobachter

Am Runden Tisch saßen auch drei kirchliche Beobachter. Alle sind heute Bischof-Senioren. Priester Bronisław Dembowski (81) war in den Jahren 1992-2003 Diözesenbischof von Wrocław, heute Professor der Päpstlichen Theologiefakultät in Warschau. Bischof Janusz Narzyński (80) von der protestantischen Kirche in Polen (von der Regierungsseite berufen) und Priester Alojzy Orszulik (80). Orszulik war langjähriger Mitarbeiter des Kardinals Stefan Wyszyński und Leiter des Pressebüros des Episkopats Polens sowie Teilnehmer an den vertraulichen Gesprächen in Magdalenka. Er wurde im September 1989 mit der Funktion des Hilfsbischofs der Diözese in Siedlce betraut. Drei Jahre später wurde er Diözesenbischof von Łowicz. Bei den Feierlichkeiten im Dom in Sielce war sogar General Kiszczak anzutreffen. Später verschlechterte sich die Beziehung zwischen beiden, insbesondere nach dem Interview von Bischof Orszulik in der Gazeta Wyborcza aus Anlass des 10. Jahrestages des Runden Tisches: „Diese Banditen, mit denen ich zusammenkam". In einer Replik „Heute schickt sich Erinnerung nicht mehr" suggerierte General Kiszczak, dass Orsulik mit seinen Leuten zusammengearbeitet hatte, worauf der Bischof mit dem Text „Die Erfindungen des Kiszczak" antwortete.

Einer der Tagesordnungspunkte der Feierlichkeiten zum 10. Jahrestag der Debatten am Runden Tisch im Präsidentenpalais war die Premiere eines Filmes, der aus Aufnahmen von versteckten SB-Kameras bei den vertraulichen Gesprächen der sogenannten Magdalenka-Gruppe geschnitten wurde. Wahrscheinlich wurden auch Arbeitsgespräche aufgenommen, aber im Film zeigte man vor allem Szenen gemeinsamer Feiern. Solange im Palais-Kino Dunkelheit herrschte, war aus dem Publikum noch Gelächter zu hören. Als aber das Licht anging, begab sich die Mehrheit der Zuschauer schnell zur Garderobe.
 

Der Artikel erschien in der Polityka Nr. 1/2009 vom 29.12.2008. Übersetzung Antje Ritter-Jasinska

 

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