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Jazz im Frack

Libertynus / Flickr CC by SA
Seit Krzysztof Komedas Tod sind 40 Jahre vergangen. Genauso viel Zeit ist vergangen seit den Anfängen des Jazz-Instituts in Kattowitz. Hat der polnische Jazz heute die Chance, den einstigen Meistern das Wasser zu reichen?

Als die Studienrichtung an der Kattowitzer Hochschule eingerichtet wurde, hatte der Polnische Jazz schon Renommee, unter anderen dank Komeda, der leider in der Blüte seiner Weltkarriere verstarb. Komeda aber war eigentlich Amateur, hatte lediglich einige Jahre Musikwissenschaft studiert. Die erste Generation der Nachkriegsjazzer, die in der Zeit der stalinistischen Prohibition groß geworden waren, die mit roten Wangen Radio Luxemburg und Voice of America (besonders Willis Conover) gehört hatten, bekam keinen institutionalisierten Jazzunterricht. Jan Ptaszyn Wróblewski, Andrzej Trzaskowski, Andrzej Kurylewicz, Zbigniew Namysłowski oder die etwas jüngeren wie Włodzimierz Nahorny, Tomasz Stańko und Zbigniew Seifert - alle haben mit einem Studium der klassischen Musik begonnen. Zum Jazz kamen sie aus Liebe, für die einige von ihnen teuer bezahlen mussten, beispielsweise wurde Kurylewicz von seinem Studium in Krakau relegiert. Am Ende siegte die Kunst und in den ersten Tauwetterjahren wurden diese Musiker zur Legende.

Es kam sogar soweit, dass selbst Edward Gierek, damals Erster Sekretär des Woiwodschaftskomitees der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei in der Woiwodschaft Schlesien, auf einer Schulung in Wisła 1968 Parteifunktionäre dazu überredete, „etwas mit dieser Unterhaltungsmusik zu machen". Im Oktober 1969 startete das Berufsschulstudium Unterhaltungsmusik, aus dem später eine Fakultät wurde. Zu Beginn sollte die Studienrichtung vor allen vermitteln, wie man gute Arrangements macht. Dekan war anfangs Professor Zygmunt Kalemba, dann Professor Andrzej Schmidt, der 1984 dafür sorgte, dass im Namen der Einrichtung zum ersten Mal das Wort Jazz auftauchte (Fakultät für Jazz und Unterhaltungsmusik). Der heutige Name lautet Institut für Jazz und Unterhaltungsmusik. 

Fünf Personen bewerben sich hier jährlich um einen Studienplatz. Für jedes Instrument wird nur eine Person aufgenommen. Nicht nur Polen bewerben sich, sondern auch Ukrainer, Tschechen und Slowaken. Sie kommen wegen bestimmter Persönlichkeiten, wie z. B. Piotr Wojtasik. Dennoch hat das Institut nur wenige wissenschaftliche Mitarbeiter. Es arbeitet quasi am Rande der Musikakademie, in einem wenige Häuser von dem eleganten Akademie-Gebäude entfernten, heruntergekommenen Bau aus der Gierek-Epoche. Einige bedeutende Namen der Jazzwelt sind aus ihm hervorgegangen (das Marcin Wasilewski Trio, früher bekannt als Simple Acoustic Trio, Piotr Wojtasik, Maciej Sikała) und noch mehr Bühnenkünstler (Krystyna Prońko, Lora Szafran, Stanisław Soyka, die Golec-Brüder, Kasia Klich). Dennoch hat weiterhin die Mehrheit der größten polnischen Jazzmusiker ein Studium der ernsten Musik oder ein Auslandsstudium absolviert.

Vierzig Jahre und was weiter? So lautete das Motto der Konferenz, die zum Jubiläum des Instituts in Zusammenarbeit mit dem 4. Schlesischen Jazzfestival stattfand. Das, was auf der Konferenz passiert ist, ist bezeichnend. Die ersten beiden Referenten, die die Geschichte der Einrichtung vorstellen sollten, ließen sich stattdessen ausführlich über ihre Theorien zur Entstehung des Jazz aus. Dem hoch betagten Professor Schmidt, der außerdem ein wunderbarer Geschichtenerzähler ist, sei das Abschweifen verziehen. Dagegen hielt Dr. Jacek Niedziela, der ehemalige Chef des Instituts und immer noch einflussreiche Person, einen seitenlangen ideologischen Vortrag und warf der heutigen Welt vor, den Jazz entwertet zu haben, ihn in Smooth Jazz, Klezmer-Jazz, ECM Jazz und ähnlichem zu verwässern, dabei sei Jazz ohne die amerikanischen Wurzeln undenkbar. Er sagte aber auch einige Worte über die Ausbildung: Priorität sollen Workshops haben. Die Studenten müssen die Geschichte kennen lernen, erfahren, wer welche Melodien und Themen benutzt hat, Improvisationen analysieren, Jazz durch das Prisma politischer und gesellschaftlicher Ereignisse, die Mode, Kriege, Technologie und Religion interpretieren können.

Es folgte eine heftige Diskussion mit Journalisten, Pädagogen und Studenten. Tomasz Szachowski, ein Kritiker und Mitarbeiter des Polnischen Radios und der Zeitschrift Jazz Forum, erzählte: „Ich saß auf Jazz-Wettbewerben oft in der Jury. Beinahe 90 Prozent der Teilnehmer kamen aus der Akademie. Meine Kollegen und ich sind der Meinung, dass die jungen Menschen zwei Probleme haben: ein emotionales und ein stilistisches. Sie spielen Mainstream oder Hard Bop, sagen wir mal im Stile von Adderley, denn Charlie Parker wäre für sie schon zu schwer. Free Jazz taucht überhaupt nicht auf. Es gibt nur Stilisierungen, wunderbare Stilisierungen aber altmodische. Es wäre schön, wenn junge Musiker mit einer eigenen Vision überraschen würden. Aber das kommt nicht vor."

Maciej Karłowski, der seinerzeit für Jazz Radio arbeitete, das inzwischen nicht mehr existiert, ergänzte: „Ihr bringt ihnen die Meister bei, aber ihr bringt ihnen nicht bei, wie man die Meister weiterentwickelt."

Jacek Niedziela entgegnete, die Diskussionsteilnehmer würden über Jazz allzu europäisch denken. Als er jedoch gefragt wurde, wer heute die Zukunft des Jazz bestimmt, nannte er Chick Corea und Keith Jarrett. Vollkommen unpassende Beispiele, denn gerade diese Musiker schöpfen oft mit vollen Händen aus der klassischen europäischen Musik - von Bach bis Bartók -, weil sie klassisch ausgebildet sind. Die Diskussion beweist, dass wirklich darüber nachgedacht werden muss, was man ändern sollte. „Wir wollen eine Beratung im Kreise der Pädagogen", erklärte der Geiger Henryk Gembalski. „Warum nur unter Pädagogen? Macht das doch öffentlich", versuchte Andrzej Kalinowski, Manager für Jazzveranstaltungen in Oberschlesischen Kulturzentrum und Mitorganisator der Jubiläumsfeierlichkeiten, zu überzeugen.

Kattowitz führt noch immer. Unter den neuen Jazzstudiengängen, die in den letzten Jahren im Land entstanden sind (in Breslau an der Musikakademie, in Grünberg (Zielona Góra) an der dortigen Universität und in Nysa/Neisse an der Staatlichen Berufshochschule) arbeiten die gleichen Pädagogen; die Absolventen unterrichten in Krakau, wo es einen gemeinsamen Lehrstuhl für Jazz und zeitgenössische Musik gibt. Anders als die Jazzstudiengänge in Danzig und Stolp (Słupsk), die von dem Pianisten Leszek Kułakowski geleitet werden. Es gibt auch an der Lubliner Maria-Curie-Skłodowska-Universität einen entsprechenden Studiengang und seit dem Beginn des aktuellen Studienjahres existiert an der Musikakademie in Posen ebenfalls ein Jazz-Studiengang.

Die Leitung der Warschauer Musikuniversität denkt überhaupt nicht an so etwas, obwohl sie einen phantastischen Pädagogen hätten. Włodek Pawlik (Absolvent dieser Hochschule im Bereich klassisches Klavier sowie der Hochschule für Musik in Hamburg im Studiengang Jazz) hat vor ein paar Jahren promoviert und gibt Improvisations-Seminare für werdende Pianisten. Das ist so oder so eine positive Innovation, andere Instrumentalisten bekommen solchen Unterricht nicht. Pawlik macht sie mit der Geschichte der Improvisation vertraut, vom Mittelalter bis in die Gegenwart, darunter Jazz. „Ich habe immer noch Energie und Lust, etwas für junge Menschen zu tun. In Warschau gibt es in der Gymnasialklasse in der Bednarska-Straße eine Jazzklasse, aber wer diese abschließt und die Hauptstadt nicht verlassen will, hat nicht die Möglichkeit, das Fach zu studieren." Pawlik ist selbst ein unruhiger Geist, der seit vielen Jahren mit viel Freude einen Bigband-Workshop leitet, unter anderem auf dem Schweinemünder FAMA-Festival. „Es ist wunderbar, die jungen Menschen mögen das sehr. Aber nach zwei Wochen ist es vorbei und die ganze Energie verpufft."

In Kattowitz bringt man den Studenten eher fertige Formeln bei. Die Pädagogen arbeiten mit populären Lehrbüchern aus der Serie „Play-A-Long" von Jamey Aebersold von der Universität in Louisville, die meistenteils Phrasen aus den verschiedensten Jazzrichtungen enthalten. Das ist wertvolles Wissen über die Musikgeschichte, gleichzeitig aber sind das fertige Stempel, die man im gefahrlosen Mainstreamstil auf einer Mucke benutzen kann. Mucke ist das, was man früher als Gig bezeichnete, und was so viel heißt wie leicht verdientes Geld, z.B. in Kneipen. Und so kommen Todgeburten zur Welt. Eine Gattung, die schließlich mit Freiheit und Improvisation verbunden wird, wird petrifiziert. Włodek Pawlik erzählt von einem vor kurzem stattgefundenen Auftritt der Big Band der Kattowitzer Akademie: „So etwas habe ich im Leben nicht gesehen. Sie saßen steift da, im Frack und spielten Noten ab."

Zum Glück gibt es in Polen eine wundervolles, junges, offenes Publikum, für das es sich lohnt, im Jahr Hunderte von Jazzfestivals zu organisieren (wie „Jazz Forum" gezählt hat). Aber die Entscheidungsträger mögen keinen Jazz. Die Eigentümerin von Jazz Radio hat das Festival verkauft, nur um Gewinn zu machen, und zwar in dem Bewusstsein, dass sein Profil vollkommen zerstört werden würde. Im öffentlichen Radio hat man Jazz ganz und gar in eine Nische auf dem Zweiten, spät nachts, reduziert. Vom öffentlichen Fernsehen ganz zu schweigen.

Konservatismus, der krampfhaft an den amerikanischen Jazzwurzeln festhält, ist heute umso aktueller als gerade in Europa in letzter Zeit der Jazz eine neue Ausdrucksform angenommen hat. In den Vereinigten Staaten sind Hochschulen wie das legendäre Berklee College of Music (unter den Absolventen befinden sich Gary Burton, Al DiMeola, Diana Krall, Branford Marsalis, John Scofield, Pat Metheny, und aus Polen Bogdan Hołownia, Grażyna Auguścik und Marcin Masecki) noch immer eine Marke. Dennoch hat Jazz im Alltag nicht mehr die Bedeutung, die er einst hatte. Amerikanische Jazzer kommen immer häufiger gern nach Europa, weil man hier Jazz als Kunst versteht.

Andererseits schätzen Musikliebhaber das Schaffen der französischen und skandinavischen Musiker zunehmend. „Der Jazz erlebt in Europa heute das, was im 19. Jahrhundert die ernste Musik erlebt hat: Es ist die Zeit für nationale Schulen gekommen", stellt Stuart Nicholson, britischer Kritiker und Autor des Buches „Is Jazz Dead? (or has it moved to another address)", fest. Die Amerikaner lernen von den Europäern einen anderen Blick auf die Improvisation, der eher mit der avantgardistischen Musik verbunden ist.

In ganz Europa wird die Frage diskutiert, wie Jazz vom Akademismus befreit werden kann, denn alle Hochschulen leiden mehr oder weniger unter diesem Syndrom. Auf einem Treffen der Hochschulen und der internationalen Organisation AEC Pop and Jazz Platform im Februar in Amsterdam war Włodek Pawlik als einziger Pole anwesend (die Einladung waren nach Warschau geschickt worden, weil man sich nicht vorstellen konnte, dass es dort keine Studienrichtung für Jazz gibt). „Es wird viel über die Ausbildung diskutiert. Alle sehen, dass die Zeiten sich ändern, dass man sich öffnen muss, dass man den jungen Menschen entgegen kommen muss. Nur bei uns nicht."

Vielleicht bewegt sich doch etwas? In Kattowitz fanden gerade zum zweiten Mal Jazz-Workshops statt, die von Musikern der New Yorker School for Improvisational Music geleitet wurden, und die der Jugend ordentlich den Kopf verdreht haben. Eine Woche lang unterrichteten Künstler die Studenten in Offenheit, Ungezwungenheit im eigenen Ausdruck, aber vor allem in Offenheit gegenüber den Mitmusizierenden, was ihnen vollkommen neu war. „In der Musik ist es wie bei einem Gespräch mit Freunden. Man muss sich gegenseitig zuhören", sagten sie ihnen wiederholt. Die Studenten arbeiteten in Gruppen. Gleichzeitig fand ein Festival statt, in dessen Rahmen viele unabhängige Jazzmusiker mit einem Jazz auftraten, den Jacek Niedziela sicher als marsianisch bezeichnen würde. „Ihr leidet heute an dem gleichen Problem, an dem wir in den 70er Jahren gelitten haben", sagen die New Yorker den polnischen Studenten. „Damals", so erzählen sie, „verteidigte ein Teil der Pädagogen an der Jazzhochschule die Orthodoxie und wollte kein frisches Blut zulassen. Aber das konnte überwunden werden." Während der oben erwähnten Diskussion in der Musikakademie, fragte ein Student schüchtern: „Könnten wir solche Workshops nicht das ganze Jahr über haben? Schließlich schaden sie nicht, gehen nicht gegen die Tradition, sondern zeigen etwas Neues." Die Frage ist nur, ob ein Teil der Pädagogen nicht das Gefühl hat, der sichere Ast, auf dem sie sitzen, würde angesägt. Doch der Direktor des Jazz-Instituts Jerzy Jarosik sagte: „Gut, dass wir begonnen haben zu reden." Die erste Tür wurde geöffnet.

Der Artikel erschien in der Polityka Nr. 19/2009 vom 06.05.2009. Übersetzung Antje Ritter-Jasinska

  

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