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Secret Pilgrim / Flickr CC by SA
Wo kann man am einfachsten einem jungen polnischen Literaten begegnen? In Berlin. Deutsche Stiftungen sind heute die Hauptstütze für unsere Schriftsteller.

Polnische Schriftsteller machen vom deutschen Stipendiensystem Gebrauch. Sie haben im Übrigen auch keine andere Möglichkeit, weil es solche Stipendien in Polen nicht gibt – das Programm „Homines Urbani“ der Krakauer Villa Decius ausgenommen.

Agnieszka Drotkiewicz  hat im Frühjahr einen Monat in Berlin verbracht, mit einem Stipendium des Literarischen Colloquiums Berlin (LCB). Zuvor waren dort auch Magdalena Tulli, Mirosław Nahacz, Kazimierz Brakoniecki und Anna Bolecka. „Das LCB hat seinen Sitz in einer schönen Villa in Wannsee, die – wie viele andere in diesem Berliner Stadtteil – einst einer reichen jüdischen Familie gehörte. Während des Krieges befanden sich darin ein Kasino und ein Bordell. Nach dem Krieg verfiel sie allmählich zur Ruine, doch auf Betreiben der Gruppe 47 (der Heinrich Böll und Ingeborg Bachmann angehörten) wurde die Villa zu einem Haus für Schriftsteller und Übersetzer. In den sechziger Jahren wurde sie instandgesetzt, und man begann, Schriftsteller zu Stipendienaufenthalten einzuladen. U.a. war Zbigniew Herbert  hier zu Gast, Pier Paolo Pasolini hat im Keller einen seiner Filme montiert, und vor einigen Jahren weilte Michel Houellebecq mit Hund in der Villa. Allerdings hätte passieren können, dass ich überhaupt nicht dorthin gefahren wäre, denn in der E-Mail, in der ich über die Bewilligung des Stipendiums informiert wurde, stand im Titel so etwas wie „good news for you“ – ich dachte, das wäre Spam von der Sorte „Viagra, Cialis, Prozac: extra prices“, und wollte sie schon ungelesen löschen“, erzählt Drotkiewicz.

Mit einem Jahresstipendium sind derzeit Dorota Masłowska und Wojciech Kuczok in Berlin, als Stipendiaten des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD – es beträgt 2.240 Euro monatlich), der das Stipendienprogramm der Ford-Stiftung übernommen hat. Es bestand darin, Künstler für längere Aufenthalte einzuladen; einer der frühen Gäste war Witold Gombrowicz. 1993 kam Ryszard Krynicki. „Während dieses Stipendienaufenthaltes konnte ich in aller Ruhe in Berlin arbeiten. Ohne jede Sorgen, wovon ich morgen leben würde. Ich konnte alles tun, was mir gefällt. Ich konnte lesen, konnte übersetzen – ich habe damals sehr viele Gedichte deutschsprachiger Dichter übertragen, von denen ich im Übrigen nur wenige veröffentlicht habe. Ich konnte mir Bilder, die ich liebe, ansehen und immer wieder zu ihnen zurückkehren - das ist sehr wichtig“, schrieb er im deutsch-polnischen Magazin „Dialog“.

Nicht nur Berlin ist übrigens ein Ort für Schriftsteller: Bis vor kurzem konnte man sich noch um ein Stipendium auf Bettina von Arnims Schloss Wiepersdorf  bewerben, und Mikołaj Łoziński war dieses Jahr auf Schloss Genshagen. Adam Wiedemann wiederum erhielt ein Stipendium von HALMA, einem von der Stiftung Pogranicze  (Grenzland), dem LCB und der Robert Bosch Stiftung geschaffenen Netzwerk von Literaturhäusern. Die meisten Polen landen jedoch in Berlin. „Im März, als ich dort war, gab es zwei Autorenabende mit Sylwia Chutnik, und ich habe gehört, dass auch Tadeusz Dąbrowski  und Kazimierz Brakoniecki vor kurzem da waren“, sagt Drotkiewicz. Der Politikwissenschaftler, Journalist und Chefredakteur des „Dialog“ Basil Kerski schreibt: „Innerhalb weniger Jahre ist Berlin zu einem der wichtigsten polnischen Kulturzentren neben Warschau, Krakau, Posen, Breslau und Danzig geworden.“ Olga Tokarczuk war 2001 mit einem DAAD-Stipendium in Berlin, damals entstand der Erzählband „Spiel auf vielen Trommeln“. „Ich habe nie auch nur ein polnisches Arbeitsstipendium erhalten, aber mehrere ausländische. Der polnische Staat hat mich dagegen auf andere Art und Weise unterstützt, etwa indem er über das Instytut Książki (Buchinstitut) Übersetzungen meiner Bücher in andere Sprachen bezuschusst hat“, sagt Tokarczuk.

Hauptantriebskraft für die polnische Literatur sind jedoch deutsche Stiftungen. „Es ist nicht so, dass unsere Literatur Gegenstand eines speziellen Interesses wäre. Sie ist einfach in den normalen Umlauf gekommen, und polnische Schriftsteller nehmen, ähnlich wie Autoren aus anderen Ländern, an Stipendienprogrammen teil. Die deutsche Besonderheit ist jedoch, dass es dort eine Unmenge an Stipendien und Literaturpreisen gibt. Nennen wir es also nicht eine Förderung unserer Literatur, sondern eine Normalität“, meint Joanna Czudec vom Instytut Książki. In Deutschland können Schriftsteller von Stipendien leben. „Viele von ihnen ziehen von einem Stipendienaufenthalt zum nächsten weiter, wie etwa Tanja Dückers“, berichtet Prof. Brigitta Helbig-Mischewski, Schriftstellerin und Literaturwissenschaftlerin an der Humboldt-Universität in Berlin. „Ich habe den Eindruck, dass auf diese Weise hauptsächlich jüngere Schriftsteller gefördert werden, doch es gibt auch andere, wie z.B. Bernhard Schlink, der gleichzeitig als Jura-Professor arbeitet. Es existiert auch eine Unmenge an Stipendienfonds, dank denen Schriftsteller zu Hause bleiben und schreiben können.“ „Das deutsche politische System ist stark dezentralisiert, daher spielen sogar kleinere Städte eine Rolle in der Kulturszene“, erläutert Richard Kämmerlings, Literaturkritiker der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

„Im ganzen Land gibt es ein Netz von Literaturpreisen und stipendien; oft werden sie in Zusammenarbeit mit privaten Stiftungen oder mit der Wirtschaft ausgelobt. Fast jede deutsche Stadt hat einen eigenen Literaturpreis. Schriftsteller können sich auch um den Status eines Stadtschreibers für ein Jahr bewerben. Es gibt sogar etwas so Exotisches wie ein Literaturstipendium als Inselschreiber auf Sylt.“

Wir hören häufig über Erfolge polnischer Schriftsteller in Deutschland. Es war viel die Rede von unserer Literatur, nachdem Polen im Jahr 2000 Gastland auf der Frankfurter Buchmesse war, wie auch nach dem Festival „Polococtail Party“, das 2005 die junge polnische Literatur vorstellte. Richard Kämmerlings schrieb damals, dass die junge polnische Literatur interessanter sei als die „blasse und selbstbezogene deutsche Prosa der Gegenwart“. Doch wenn ich jetzt nach dem Interesse an unserer Literatur frage, fallen die Antworten nicht enthusiastisch aus. „Im allgemeinen Bewusstsein ist die polnische Literatur fast gar nicht existent“, meint Brigitta Helbig-Mischewski. „Am Bekanntesten ist wohl nach wie vor Stanisław Lem. Ein wenig Popularität hat z.B. Marek Krajewski  erreicht, ein wenig auch Andrzej Stasiuk  oder Olga Tokarczuk und Dorota Masłowska. Alles aber in einem sehr begrenzten Umfang. Diese Namen kennen vor allem die an Polen Interessierten.“

Ähnlicher Ansicht ist die Publizistin und Literaturwissenschaftlerin Dorota Danielewicz-Kerski, die seit Anfang der achtziger Jahre in Deutschland lebt und sich um die polnische Literatur verdient gemacht hat. Sie sagt, unsere Literatur sei in Deutschland heute marginal, ein Nischenphänomen. Das war nicht immer so. Beispielsweise damals, als das von Karl Dedecius gegründete Deutsche Polen-Institut in Darmstadt  entstand, also Ende der siebziger und dann in den achtziger Jahren, galt sie mehr. „Das Interesse an der polnischen Literatur war in der Zeit der „Solidarność“ größer, weil es an die Politik geknüpft war“, fügt Danielewicz-Kerski hinzu. „Große Popularität genossen seinerzeit Maria Nurowska oder Andrzej Szczypiorski. Heute verkauft sich Andrzej Sapkowski gut, doch Tatsache bleibt, dass keine polnischen Bücher auf die Bestsellerlisten gelangen. Die polnische Literatur wird von den Kritikern geschätzt. Stasiuks „Die Welt hinter Dukla“  ist unlängst auch in einer renommierten Reihe europäischer Klassiker erschienen, und Masłowska oder Tokarczuk bekommen sehr gute Rezensionen, was aber nicht heißt, dass ihre Bücher wirklich populär sind. Bekannt zu sein, ist eines, in der Literaturpresse mit warmen Worten vorgestellt zu werden, etwas anderes.“

Laut Kämmerlings erfreute sich die polnische Literatur in der Vergangenheit größeren Interesses in Deutschland. „Die Generation von Miłosz, Szymborska und Mrożek ist nach wie vor wohlbekannt, doch die Namen jüngerer Schriftsteller sagen nur Kennern etwas. Das ist allerdings nicht nur ein Problem der polnischen, sondern jeder nicht-englischsprachigen Literatur. Trotzdem kommt zu Lesungen polnischer Autoren viel Publikum (mitunter sogar 100 Personen). Die polnischen Schriftsteller mögen das deutsche Publikum: „Anderswo ist es vielleicht nicht so, aber gerade in Berlin habe ich gespürt, dass Schreiben, dass Literatur doch eine adelnde Beschäftigung ist und keine Marotte oder ans Pathologische grenzende Laune, die für die meisten schwer verständlich ist“, schrieb Mariusz Sieniewicz, ein Teilnehmer an der „Polococtail Party“.

Ehe es Agnieszka Drotkiewicz nach Berlin verschlug, erhielt sie ein Dreimonatsstipendium (3.000 Złoty brutto plus Aufenthalt in der Villa Decius) im Rahmen des Programms „Homines Urbani“. Zur selben Zeit waren Michał Witkowski, zwei deutsche Schriftsteller und eine weißrussische Autorin dort. „Die Idee dieses Stipendiums ist, dass Schriftsteller und Übersetzer aus verschiedenen Ländern an einem Ort aufeinandertreffen. Das trägt Früchte in Form von Übersetzungen und darauf folgenden Reisen ins Ausland“, berichtet Renata Serednicka von der Villa Decius. Die Stipendien gibt es seit 1998, doch das Konzept der internationalen Begegnungen kristallisierte sich erst 2004 heraus. Natürlich suchte man nach Finanzierungsquellen. Polnische und deutsche Institutionen legten für die Stipendien zusammen. Die erste große Dotation stammte von der deutschen Kulturstiftung des Bundes. Danach gewann man die Robert Bosch Stiftung, die Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit und vor allem das Institut Książki.

„Leider ist unklar, wie es mit den polnischen Stipendiaten weitergeht, denn das Instytut Książki hat sich aus Geldmangel von deren Finanzierung zurückgezogen, und andere Institutionen sind nicht interessiert. Wir bemühen uns um eine Bezuschussung beim Stadtpräsidenten und beim Marschall der Wojewodschaft. Allerdings sind Zuwendungen für solche typischen Residenzstipendien bei uns völlig unpopulär. Wir stehen alleine da“, sorgt sich Renata Serednicka.

In Deutschland kann man immer mit einer soliden städtischen Unterstützung rechnen. Das weitgespannte Stipendiensystem wird aus privaten, föderalen und lokalen Mitteln finanziert. Davon profitiert die polnische Literatur, weil sie im normalen europäischen Literaturbetrieb existent ist. Es wäre gut, wenn sich in Polen jede größere Stadt die deutschen Modelle zu eigen machte und ein Stipendium für Schriftsteller oder einen Literaturpreis stiftete. Einen eigenen renommierten Literaturpreis hat Gdingen, seit kurzem auch Warschau, und in einigen Städten wurden Arbeitsstipendien aufgelegt. Doch die Literaturförderung – so wie in Breslau, wo man gleich zwei Literaturpreise vergibt sowie Bücher und ein Literaturfestival bezuschusst – ist in Polen immer noch etwas völlig Außergewöhnliches.
Der Artikel erschien in der Polityka Nr. 49/2009 vom 2.12.2009. Übersetzung: Silke Lent | Redaktion: P. Gromnitza

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