Osoby czytające wydania polityki

„Polityka”. Największy tygodnik w Polsce.

Wiarygodność w czasach niepewności.

Subskrybuj z rabatem
Świat

Autoritäten

Jerzy Owsiak Jerzy Owsiak Leszek Zych / Polityka
Vor 20 Jahren herrschte im Pantheon der polnischen Autoritäten so großes Gedränge, dass keine Stecknadel hätte zu Boden fallen können. Liberal-demokratisch eingestellte Menschen - wie ich - konnten sich unter einer warmen Decke gemütlich und geborgen fühlen. Als Gesellschaft konnten wir uns ungestraft eine recht sorglose Kindheit leisten. Denn wir hatten Väter, Führer und Leitfiguren vom Kaliber einer wirklich bedeutenden Generation und eines großen Landes.

Wenn man sich diese Liste heute ansieht, schwillt einem geradezu das Herz. Ganz oben Johannes Paul II., gefolgt von Lech Wałęsa. Dahinter die großen Emigranten (Miłosz, Giedroyc, Herling-Grudziński , Brzeziński ), die führenden Dissidenten (Kuroń, Michnik, Geremek, Solidarność-Aktivisten aus dem Untergrund (Bujak, Lis , Frasyniuk ) und renommierte Katholiken (Turowicz , Hennelowa, Wielowieyski , Mazowiecki , Woźniakowski, Stomma , Stelmachowski ).

Und schließlich die Helden des Krieges und des antistalinistischen Widerstands (Jan Nowak-Jeziorański , Adam Bień, Władysław Bartoszewski , Wiesław Chrzanowski, Władysław Siła-Nowicki), der Opposition nahestehende Priester (Józef Tischner, Jan Chrapek, Józef Życiński , Bronisław Dembowski) und an ihrer Seite oppositionelle Schriftsteller, Filmemacher, Schauspieler, Journalisten, Musiker und Wissenschaftler, allen voran Andrzej Wajda , Krzysztof Zanussi , Tadeusz Konwicki, Zbigniew Herbert, Stefan Kisielewski, Błąd! Nieprawidłowy odsyłacz typu hiperłącze. , Andrzej Szczypiorski , Gustaw Holoubek und Stefan Bratkowski .

Vor 20 Jahren hatte Polen mindestens einige Dutzend ziemlich weithin bekannter Persönlichkeiten, die es ohne jeden Zweifel mit ihrem Leben und Werk, ihrem Verstand und ihrer persönlichen Haltung verdient hatten, dass man ihnen aufmerksam zuhörte und ihnen ohne ernstere Befürchtungen das eigene Schicksal in die Hände legte. Jeder dieser Persönlichkeiten konnte man Brieftaschen und Blankoschecks oder -Stimmzettel anvertrauen. Krieg, Stalinismus, Emigration und die verschiedenen Formen des oppositionellen Daseins in Volkspolen trafen aus mehreren damaligen Generationen eine strenge Auswahl, verifizierten die moralischen und intellektuellen Kompetenzen, und zurück blieben in dem engen Sieb nur die Diamanten und Perlen.

Autoritäten waren damals ein außerordentlicher Schatz Polens und das Kapital, dem wir die schmerzlose Wiedergewinnung der Freiheit 1989 verdanken. Kaum einer von uns machte sich allerdings bewusst, wie komfortabel unsere Lage war. Im Westen war die Zeit der Autoritäten viel früher vorbei. Der seit Mitte der 60er Jahre andauernde Kulturkampf hatte dort jeder öffentlich in Erscheinung tretenden Person irgendwie am Zeug geflickt. Auch deshalb wurden damals unsere - unbescholtenen, für sie beinahe blitzsauberen - polnischen Autoritäten dort so enthusiastisch aufgenommen. In der Vorstellung der Menschen, auch der Politiker im Westen jener Zeit war Lech Wałęsa nicht nur der mutige Arbeiter, der das Imperium besiegt hatte. Er war wie ein körper- und sündenloser Engel, der sich der bequemen Welt der Konsumkultur offenbarte, um ihr verloren gegangene Werte darzubieten. Wir beneideten sie um Geld und Autos, sie uns um den von unseren Autoritäten verkörperten Sinn.

Doch nicht nur der Westen hatte Grund, uns zu beneiden. Wenn man in die Runde blickt, war auch keiner unserer Nachbarn in einer so luxuriösen Lage. Schon der Papst, Wałęsa und Brzeziński reichten, dass wir uns privilegiert fühlten. Und hinter ihnen kam ja noch eine Garde, die in diversen Gefechten erprobt worden war und sich viele Male bewährt hatte. Schicksal, Geschichte und Vorsehung hatten die Polen für den neuen Lebensweg bestmöglich ausgestattet. Sogar ziemlich verschwenderisch. Denn aus der damaligen Avantgarde hätte man einen Pantheon für mehrere unterinvestierte Folgegenerationen zusammenstellen können.

Seit Jahren diskutieren wir darüber, was wir nur mit diesem gigantischen Kapital im freien Polen angestellt haben. Ein Schwarzseher würde sagen, wir hätten es vergeudet. Ich habe den Eindruck, dass wir als Gesellschaft dieses Kapital restlos aufgebraucht und wenig nachgeschossen haben. Es war eine Art moralischer Brennstoff. In der schwierigsten Zeit - als die Liberalisierung der polnischen Wirtschaft durch die Regierung Rakowski die Ersparnisse mehrerer Generationen Polen aufzehrte, als wie ein Kaninchen aus dem Hut plötzlich eine Massenarbeitslosigkeit auftauchte, als die Fabriken Bankrott gingen und die galoppierende Inflation von einem Tag auf den anderen unsere Gehälter verschlang - beugte die Kraft der Autoritäten in Polen großen sozialen Eruptionen vor, und deren faszinierendes engelhaftes Wesen rang dem skeptischen und egoistischen Westen Hilfe und die Stundung unserer gigantischen Schulden ab.

Ich glaube, dass wir noch immer nicht die Rolle zu würdigen wissen, die der Airbag, den unsere damaligen Autoritäten bildeten, bei der Aufrechterhaltung eines relativen sozialen Friedens an der Jahreswende 1989/1990 gespielt hat. Aber auch dieses Kapital wurde damals aufgebraucht. Zum Teil auf natürliche Weise, zum Teil, weil fast von Beginn an schon jene in den Startlöchern standen, die einen Platz im Pantheon des kollektiven Bewusstseins besetzen und die Herrschaft über die Seelen in Polen antreten wollten. Der Krieg der Prätendenten gegen die Autoritäten, die die schwierige Transformation abfederten, begann schon 1990. Und von Anfang an war er nicht nur ein Kampf mit Argumenten. Lech Wałęsa hat während seines brutalen Präsidentschaftswahlkampfs - eben sowenig wie sein Lager bei den Parlamentswahlen, die Błąd! Nieprawidłowy odsyłacz typu hiperłącze., die SLD , die AWS , die PiS und im Grunde genommen jede andere politische Partei von Belang - nie ein politisches Programm formuliert, das eine wirkliche Alternative zur Vision der von den Autoritäten unterstützten Regierung von Tadeusz Mazowiecki angeboten hätte.

Diese intellektuelle Impotenz hatte zur Folge, dass sich die nächsten Prätendenten weniger eine Veränderung der Politik, als eine Veränderung, oder vielmehr einen Austausch der öffentlichen Autoritäten zum Hauptziel setzten. Da diese jedoch durch eine sachliche Auseinandersetzung schwer zu stürzen waren, musste man sie besudeln, verunglimpfen, verdächtigen und mit willkürlichen Unterstellungen desavouieren.

Von Zeit zu Zeit gelang es den Prätendenten, die Autoritäten mit Jauche zu überschütten. Über beinahe zwei Jahrzehnte wiederholte man ziemlich frei im Großen und Ganzen dasselbe Repertoire an Vorwürfen und Unterstellungen: Begünstigung einer räuberischen Privatisierung, Lebensferne, elitäres Gehabe, Inkompetenz und Zusammenarbeit mit den Geheimdiensten. Es machte nichts, dass sich die Vorwürfe regelmäßig nicht bestätigten. Denn in einem neuen Kostüm oder unter einem leicht veränderten Vorwand kehrten sie vor den nächsten Wahlen in weiteren Aufzügen zurück. Seit fast zwei Jahrzehnten gewannen in Polen regelmäßig diejenigen Gruppierungen die Wahlen, die anerkannte Autoritäten am nachdrücklichsten attackierten.

Die neue Nomenklatur, die Warschauer Szene, Magdalenka [der Ort, an dem informelle Gespräche am Rande des Runden Tisches zwischen Kiszczak und Geremek stattfanden - Anm. d. Übers.], die Eierköpfe, der Salon, die Euroenthusiasten, die Pseudoautoritäten, später das Klüngelsystem, das Viereck [ein Beziehungsgeflecht zwischen Politik, Wirtschaft, Geheimdiensten und organisiertem Verbrechen - Anm. d. Übers.], die Scheinelite und der Klub der Krakauer Vorstadt [Kwaśniewskis Debattierklub im Präsidentschaftspalast - Anm. d. Übers.] waren das Ziel regelmäßiger, beinahe pausenloser Angriffe. Eine antielitäre Strömung nach der anderen produzierte jahrelang Legenden und Narrationen, die die Fragwürdigkeit der Autoritäten vorführen, ihre Verdienste in Zweifel ziehen sowie ihre Kompetenz, Ehrlichkeit, Vergangenheit und Leistung desavouieren sollten. Infolgedessen erscheint die Geschichte der III. Republik, und insbesondere die Geschichte der aufeinander folgenden Wahlkämpfe, wie ein beinahe ununterbrochener Kampf um die Befreiung Polens von einem Joch, das verräterische Eliten mit falscher Autorität den Polen aufgezwungen hatten. Jeder, der an die Macht drängte, bediente sich im Grunde genommen derselben Narration. Danach manipulierten die Eliten, die die Medien kontrollieren, die Meinungen der Polen, um sie auszunutzen; und die Wahrheit über diesen Tatbestand sollte unverzüglich nach dem Regierungswechsel aufgedeckt werden, sobald man selbst die Kontrolle über die Medien, die bislang die Wahrheit verschleiern, über die Geheimdienste, die sie in Gänze kennen, und über die Archive, die die Beweise verborgen halten, übernommen haben würde.

Allerdings enttäuschten diejenigen, die nacheinander an der Spitze des Kampfes gegen die Autoritäten standen, die Wähler rasch. Denn bald nach gewonnenen Wahlen suchten sie in der Regel Unterstützung bei den Autoritäten. Angefangen mit Wałęsa, der nach dem Sieg in den Präsidentschaftswahlen Geremek und Balcerowicz eine Zusammenarbeit vorschlug, waren die Sieger bestrebt, sich einen Platz in jenem Salon zu sichern, gegen den sie zu Felde gezogen waren. Man kann also den Eindruck gewinnen, dass die polnische Politik und die gesamte Öffentlichkeit sich ständig wie ein Hund, der sich in den Schwanz beißt, im Kreis drehte, dass sie immer wieder dasselbe antielitäre Syndrom perpetuierte, dass der gesamte Prozess des gesellschaftlichen Emotionsaufbaus im Kern dasselbe Drehbuch kopierte. Denn mit schöner, vom Wahlkalender bestimmter Regelmäßigkeit erfuhr die polnische Öffentlichkeit so genannte kompromittierende (und in weiteren Varianten wiederholte) Fakten über Mazowiecki, Kuroń, Geremek, Michnik, später auch Wałęsa und Kwaśniewski sowie über Personen aus ihrer Umgebung. Der Angriff auf die Autoritäten war ein fester Spielbestandteil der polnischen Politik, der - wie Strafstöße im Fußball - beinahe sicheren Erfolg versprach. Und das ohne Rücksicht auf die Stimmigkeit der erhobenen Vorwürfe.

Wenn man nach Jahren an die öffentlich erhobenen Vorwürfe zurückdenkt, ist es kaum zu glauben, dass so viele Menschen sie seinerzeit für bare Münze nahmen und ihnen Glauben schenkten. In der schwarzen Legende des permanenten Kreuzzugs gegen die Autoritäten war Jan Nowak-Jeziorański schließlich ein deutscher Konfident, sonnte sich Adam Michnik an der Côte d'Azur, statt im Gefängnis zu sitzen, stürzte Lech Wałęsa den Kommunismus im Auftrag Moskaus und war die volkspolnische Opposition vom Geheimdienst ferngesteuert.


Sogar Johannes Paul II. war, als er ökumenische Gebete initiierte, die Synagoge besuchte, Autoritäten wie Leszek Kołakowski oder Bronisław Geremek Respekt zollte und Aleksander Kwaśniewski ins Papamobil einlud, der gegen die Autoritäten gerichteten Narration zufolge ein willenloses Werkzeug irgendeiner globalen - jüdischen, geheimdienstlichen, freimaurerischen oder sonstigen - Mafia.

Nach diesen fast zwei Jahrzehnten sollten wir uns bereits daran gewöhnt haben und die antielitäre Einstellung und den Dauersturm auf die Autoritäten für ein polnisches Spezifikum halten, eine Obsession oder eine Art lokalen polnischen Brauch, also ein im Grunde genommen unschädliches, wenn auch nicht immer angenehmes Ritual - wie das Osterschießen oder das gegenseitige Bespritzen mit Wasser. Wenn dem wirklich so wäre, wäre es halb so schlimm. Denn in einem unablässigen Krieg gegen die Autoritäten ist der Einsatz doch viel höher als verlorene Wahlen, die Zusammensetzung der Regierung oder eine augenblicklich betriebene Politik.

Nachdem die Polen schon fast zwei Jahrzehnte Erfahrungen mit der Demokratie hinter sich haben, verstehen sie, dass Autorität nicht Unfehlbarkeit bedeutet und erst recht kein Monopol darauf, richtig zu liegen. Autoritäten irren sich wie alle (wenn auch in der Regel seltener), haben diverse kleinere (Owsiak) oder manchmal auch größere (Wałęsa) Sünden auf dem Gewissen, und in der aktiven Politik unterliegen sie oft oder scheitern sogar (wofür den besten Beweis das Scheitern der Freiheitsunion geliefert hat, in der es die meisten von ihnen gab). Doch auf längere Sicht wäre eine Demokratie ohne Autoritäten praktisch unmöglich. Nicht, weil Autoritäten alles besser wissen, sondern weil sie (neben den Gerichten) ein Schlüsselinstrument zur Stabilisierung des Systems sind. Und zwar auf dreierlei Art und Weise.

Erstens sind Autoritäten in einer Demokratie, die ihrer Natur nach unbeständig ist, ein wichtiger Kontinuitätsfaktor. Die Zusammensetzung des Parlaments ändert sich spätestens alle vier Jahre, die Regierungen walten ein, zwei oder vier Jahre, die Minister kommen und gehen, aber die Autoritäten bleiben im Prinzip.

Gerade in jungen Demokratien - wie der unseren - sind Autoritäten ein mächtiger Damm gegen die Folgen abrupter politischer Höhenflüge und Abstürze, solange noch kein stabiler Staatsapparat entstanden ist und sich kein starkes Establishment herausgebildet hat, das einen Rückhalt in dauerhaften Institutionen und in einem fundierten Wohlstand hat. Wenn eine Demokratie sich im Pendelschwung von rechts nach links und zurück bewegt, bestimmen Autoritäten, Eliten und das Establishment die Lage der kulturellen Mitte und halten das ständig ausschlagende Pendel an einem unsichtbaren Gummiband fest.

Das heißt nicht, dass die Demokratie, der Austausch von Eliten und die Veränderung einer Politik im Wesentlichen eine Fiktion sind, die die tatsächliche Macht einer unveränderlichen und unreformierbaren informellen Gruppe von Autoritäten kaschiert. Die einen Autoritäten verlieren an Stärke, sterben, ziehen sich aus der Öffentlichkeit zurück, während andere zum Vorschein kommen oder an Stärke gewinnen.

Doch im Unterschied zu einem Austausch der Eliten, der in der Regel abrupt erfolgt, entsprechend dem Wahlzyklus, vollzieht sich ein Austausch von Autoritäten fließend, ohne das Gefühl der Beständigkeit, einer Voraussetzung für die Ruhe der Bürger, anzutasten. Revolutionen (wie zum Beispiel die kommunistische im Nachkriegspolen), die es nicht beim Austausch der politischen Eliten belassen, sondern zugleich versuchen, einen abrupten Austausch der Autoritäten vorzunehmen, enden gewöhnlich mit einer Schlappe.

Zweitens dient ein System von Autoritäten der nötigen Abfederung der Last, unablässig Entscheidungen treffen zu müssen, und der Notwendigkeit, zu der ständig wachsenden Menge nicht überschaubarer Herausforderungen, vor denen wir stehen, irgendeine Position zu beziehen. Denn woher soll denn auch ein armer, kleiner Bürger, selbst wenn er belesen, aktiv und zudem ein intelligenter Mensch ist, wissen, ob Truppen in den Irak geschickt, Krankenhäuser privatisiert, Raketenschilde gebaut, Sechsjährige schon in die Schule geschickt, Abtreibungen oder die Todesstrafe verboten und die Steuern gesenkt oder erhöht werden sollen?

Doch zu jeder dieser Fragen muss ein Bürger irgendwie Stellung beziehen, selbst wenn er sich aus politischen Streitigkeiten heraushält und nicht an den Wahlen teilnimmt. Autoritäten können das ebenfalls nicht wissen und irren sich natürlich öfter in solchen Fragen, aber trotz allem nehmen sie denen, die sie anerkennen, zumindest einen Teil der Verantwortung ab. In diesem Sinne ist eine Autorität das Gegenteil eines Sündenbocks. Denn sie befreit uns von einem Teil des Verantwortungsgefühls, allerdings nicht dann, wenn wir sie bestrafen oder ihr die Schuld an unseren Fehlern oder Sünden geben, sondern wenn wir sie anerkennen.

Drittens schließlich erfüllen Autoritäten in einer jungen Demokratie sowohl die Rolle eines Feuermelders als auch die einer politischen Notbremse. Sie warnen, wenn Klippen am Horizont auftauchen, und in höchster Not entfachen sie einen gesellschaftlichen Tumult, der eine Staatsmacht auf Irrwegen davon abhält, gegen die Klippen zu fahren. Ein solcher von öffentlichen Autoritäten ausgelöster Tumult stoppte die autoritären Bestrebungen der PiS-Politiker, als sie im Lustrationswahn ein abstruses Gesetz verabschiedeten.

In diesem Sinne dient ein System starker Autoritäten der Demokratie, dem Staat und den Bürgern, passt den Politikern aber meistens nicht, weil es ihre Macht begrenzt und radikale Aktivitäten bremst. Wenn eine Demokratie sich irrt und unverantwortlichen Menschen die Macht übergibt, können nur Gerichte und Autoritäten sie vor Autoritarismus bewahren.

Daher muss jeder Politiker, der Schwierigkeiten damit hat, demokratisch zu denken, die demokratischen Spielregeln der Politik zu akzeptieren und die starren Beschränkungen zu achten, denen eine demokratische Staatsmacht unterliegt, anerkannten öffentlichen Autoritäten den Krieg erklären und eigene Kandidaten an deren Stelle setzen.

Die öffentlichen Medien, die die PiS an sich gerissenen hat, haben Hunderte von Millionen für Programme ausgegeben, die führende Autoritäten kompromittieren und Wunschnachfolger für sie aufbauen sollten. In den von der autoritären und antielitären Narration der PiS verführten privaten Sendern, Tages- und Wochenzeitungen konzentrieren sich Scharen von Publizisten seit Jahren weniger darauf, die Macht zu kontrollieren und die Welt zu erklären, als vielmehr darauf, anerkannte Autoritäten mies zu machen und neue zu promoten.

Das dem regierenden Lager unterstellte Institut für Nationales Gedenken sollte aus Geheimdienstbelegen Narrationen komponieren, mit dem Ziel, aus heldenhaften Persönlichkeiten, die sich einer Autorität erfreuen, gewöhnliche Spitzel zu machen. Die Zentrale Antikorruptionsbehörde und die Staatsanwaltschaft sollten uns mit der „Wahrheit" über die Habgier und Eigennützigkeit der „so genannten Autoritäten" überschütten. Aus dem Begriff „Autorität" selbst machte die autoritäre Rechte ein Schimpfwort oder eine Verhöhnung, indem sie ihn durch „so genannte Autoritäten" ersetzte.

Angesichts der Stärke des angreifenden Lagers, das zwei Jahre lang nicht nur im Vollbesitz der politischen Macht war und nicht nur über die staatlichen Institutionen verfügte, sondern auch über eine disziplinierte Unterstützung seitens der überwiegenden Mehrheit der öffentlichen und privaten Medien, schien der Ausgang der Operation von Vornherein festzustehen. Es erschien ausgemacht, dass bei soviel Rückendeckung Jadwiga Staniszkis und Bronisław Wildstein mühelos den Platz von Adam Michnik einnehmen und die Brüder Kaczyński und Anna Walentynowicz Lech Wałęsa ersetzen würden, dass Jan Olszewski als Erneuerer des unabhängigen Polen Tadeusz Mazowiecki in den Schatten stellen und die Publizisten der Tageszeitung „Dziennik" mit Verstärkung durch den Springer-Konzern die Autorität der „Gazeta Wyborcza" aus dem Markt drängen würde.

Als sämtliche Ebenen der neuen Ordnung machten, was sie wollten, weil sie über alles verfügten, was sie wollten, erschien jeder Widerstand hoffnungslos. Jetzt zeigt sich, dass dieser Eindruck nicht stimmte. Die Polen beäugten diese Turnübungen mit einiger Neugier, gaben vielleicht sogar eine Zeitlang mehrheitlich dem Propagandadruck nach, erholten sich davon aber überraschend schnell wieder. Die heute auf Bitten der „Polityka" Befragten antworten so, also wäre die gesamte propagandistische Raserei der IV. Republik an ihnen abgeperlt.

Die vom Meinungsforschungsinstitut TNS-OBOP in unserem Auftrag durchgeführte Umfrage (die Befragten wählten Namen aus einer Liste mit Vorschlägen aus, die renommierte Persönlichkeiten mit verschiedenen weltanschaulichen Optionen umfasste) zeigt gut, dass die große Operation Autoritätenaustausch ein Flop war. Lech Kaczyński landete nicht nur weit hinter Lech Wałęsa, sondern auch noch hinter Aleksander Kwaśniewski. Kardinal Dziwisz stellte dank der Zahl seiner Anhänger Tadeusz Rydzyk weit in den Schatten. Und Tadeusz Mazowiecki gewann gegen Jarosław Kaczyński durch Knockout.

Sechs Jahre nach dem Ausbruch der Rywin-Affäre üben somit die Menschen die Herrschaft über die Seelen in Polen aus, die von der IV: Republik und der moralischen Revolution hinweggefegt werden sollten. Sogar Adam Michnik und Leszek Balcerowicz , die in der Narration der IV. Republik alle gesellschaftlichen und politischen Übel der III. symbolisierten, kamen ungeschoren davon.

In diesem Sinne darf man wohl sagen, dass die neokonservative Revolution von Jan Rokita und den Brüdern Kaczyński, die von den katholischen Fundamentalisten in Thorn und Giertychs Nationalisten unterstützt wurde, in Polen nicht nur die Wahlen verloren hat. Ähnlich wie in Amerika hat sie auch den offen erklärten und mit unerhörter Brutalität geführten Kulturkampf um die Herrschaft der Seelen verloren. Und zwar mit Pauken und Trompeten.

Die Führungstrojka im Ranking der polnischen Autoritäten AD 2008 zeigt das äußerst deutlich. Denn auf den Medaillenplätzen liegen drei prominente Persönlichkeiten, die die drei Hauptströmungen der antiautoritären Rebellion repräsentieren. Jerzy Owsiak - ein Symbol des gegen einen oppressiven Staat rebellierenden Teils der jungen Generation; Andrzej Wajda - ein Symbol der bildungsbürgerlichen Eliten, die den Kommunismus zu Fall brachten und zwei Jahrzehnte lang eine liberal-demokratische Variante der polnischen Demokratie aufbauten; sowie Kardinal Dziwisz, der die Krakauer Tradition eines offenen polnischen Katholizismus symbolisiert. Am entgegengesetzten Pol gingen in der Kategorie Antiautoritäten die Medaillen dagegen an die Urheber des gescheiterten symbolischen Putsches - Pater Rydzyk und die Brüder Kaczyński. Auch sie haben ihre Anhänger, die sie als Autoritäten betrachten, doch es ist eine Handvoll.

Scheinbar ist daran nichts besonders Verwunderliches. Jede den Menschen penetrant aufgezwungene Revolution endet mehr oder weniger so, wenn sie ihnen das Recht lässt, die falschen Idole dieser Revolution frei zu bewerten. Aber es lohnt, sich diese Ergebnisse etwas näher anzuschauen, denn sie sagen mehr aus über das, was uns erwartet, als das, was passiert ist. Es wird wohl gut gehen.

Der Artikel erschien in der Poliytka Nr. 48/2008 vom 26.11.2008. Übersetzung Silke Lent

Reklama

Warte przeczytania

Czytaj także

null
Społeczeństwo

Wstrząsająca opowieść Polki, która przeszła aborcyjne piekło. „Nie wiedziałam, czy umieram, czy tak ma być”

Trzy tygodnie temu w warszawskim szpitalu MSWiA miała aborcję. I w szpitalu, i jeszcze zanim do niego trafiła, przeszła piekło. Opowiada o tym „Polityce”. „Piszę list do Tuska i Hołowni. Chcę, by poznali moją historię ze szczegółami”.

Anna J. Dudek
24.03.2024
Reklama

Ta strona do poprawnego działania wymaga włączenia mechanizmu "ciasteczek" w przeglądarce.

Powrót na stronę główną