Daniel Passent: Wie kam es zu dem Titel „Kapuściński non-fiction“?
Artur Domosławski: Kapuściński hat in seinem Leben zwei Oeuvres geschaffen. Das eine ist sein Lebenswerk als Reporter, das zu großer Literatur über die Mechanismen der Macht, über Revolutionen und ausgegrenzte Menschen wurde. Das zweite ist eine Erzählung über sich selbst, die er aus Fakten und zum Teil aus Legenden komponierte. Er verstand, dass es eine Welt der Literatur ohne Legenden über Schriftsteller nicht gibt und, wie viele, wirkte er an der Bildung seiner eigenen mit. Das Leben eines Reporters, der für die Berichterstattung über Revolutionen, Kriege und Staatsstreiche in der Dritten Welt zuständig war, bot dafür glänzenden Stoff. Der Titel des Buches signalisiert, dass ich Schwarz-Weiß-Malereien vermeide, denn die Non-Fiction-Welt ist nie schwarz-weiß, in ihr existieren viele Wahrheiten, in diesem Fall viele Wahrheiten über meinen Protagonisten. Zweitens signalisiert er, dass ich mich um eine Trennung von Fakten und Fiktion bemühe. Viele Reporter in der ganzen Welt hielten Kapuściński für einen Meister, hegten aber immer den Verdacht, dass es in seinen Geschichten Elemente – sagen wir einmal – dichterischer Freiheit gab. Die Teilnehmer an meinen Workshops baten mich, das unbedingt zu klären.
Was sind das für Workshops?
Sie werden von Gabriel García Márquez’ kolumbianischer Stiftung organisiert, die sich für die Hebung der journalistischen Standards in Lateinamerika einsetzt. Die Workshop-Teilnehmer sagten über Kapuściński: ein geheimnisvoller Mensch, ein Rätsel; wir kennen sein Werk, aber über ihn selbst wissen wir nichts.
Ein Gespräch mit Artur Domosławski, Journalist und Autor der Biographie von Ryszard Kapuściński, die bereits vor ihrem Erscheinen Kontroversen ausgelöst hat.
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