Darf Johannes Paul II. beleidigt werden?
Die Antwort auf diese Frage bringt der Fall Urban gegen Polen, über den der Gerichtshof die polnische Regierung in den letzten Tagen in Kenntnis gesetzt hat. Das bedeutet, dass die Beschwerde eingegangen ist und geprüft wird. Es geht dabei um Jerzy Urbans Feuilleton ‚Herumkutschiertes Sado-Maso’ von 2002 über die päpstlichen Pilgerfahrten. Die Sache schien fast vergessen, aber damit eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof eingereicht werden kann, muss man zunächst den innerstaatlichen Instanzenzug durchlaufen haben. Deshalb gibt es in vielen großen Streitfällen erst nach Jahren eine Pointe in Gestalt eines Straßburger Urteils. Ähnlich wird es im Fall Andrzej Lepper sein, der 2001 von polnischen Gerichten wegen Diffamierung von Politikern verklagt wurde. Ebenso sieht es im Fall Dr. Mirosław Garlicki [der Kardiochirurge soll in 50 Fällen Schmiergelder von Patienten angenommen und wurde 2007 deswegen verhaftet. Seither klagt er u.a. wegen Rufmord, Anm. d. Red.] oder Anna Gąsior aus, letztere war wegen Verleumdung von Zbigniew Wassermann verklagt worden.
Klone gegen Polen
Die absolute Nummer eins auf der Liste polnischer Beschwerden in Straßburg ist jedoch das Recht auf einen anständigen Prozess. Polen wurde verklagt in Fragen der Verfügbarkeit von Amtsverteidigern, zu hoher Gerichtsgebühren, aber vor allem wegen langer Verfahrensdauer. Es wurden Fälle in Straßburg eingereicht, deren Bearbeitung sich in polnischen Gerichten über 20 Jahren hinzog. Sie wurden reihenweise verloren und es mussten hohe Entschädigungen gezahlt werden. Deshalb wurde 2004 ein Gesetz verabschiedet, das Klagen wegen langer Verfahrensdauer im Inland gestattet.