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Świat

Die Russen entdecken Katyń

Henryk Kaiser i ULLSTEINBILD / BEW
Im Verhältnis zwischen Polen und Russland scheint sich etwas aufgetan zu haben, was man in der englischen Sprache der Politik window of opportunity nennt, eine unverhoffte Gelegenheit.

Es stimmt, zu dieser Gelegenheit ist es weitgehend durch Emotionen gekommen: die Aufzeichnungen des alten Verbrechens auf Zelluloid und Fernsehbilder von Schmerz und Gebeten; irgendeine herzliche Geste eines Regierungschefs, den man bislang für einen kalten und berechnenden Geheimdienstfunktionäre gehalten hatte. Doch Tausende, vielleicht Millionen auf beiden Seiten der Grenze haben es gesehen und im Gedächtnis behalten.

Zumindest ein Teil der Russen wundert sich über die Überraschung der Polen über die Welle der Sympathie, die sie aus Russland erreichte. „Wir reagieren doch sehr stark auf fremden Schmerz, eine solche Reaktion steckt in unseren Genen. Habt ihr die russische Literatur nicht gelesen?“ – legt ein russischer Diplomat als Deutung nahe. Auch unser Freund, der bekannte ukrainische Journalist Witali Portnikow warnt davor, den russischen Reaktionen ein übertriebenes politisches Gewicht beizumessen. „Seid nicht kindisch“, erklärt er. „Zuerst fürchtet ihr, dass Moskau mit Panzern bei Euch einrollt, jetzt freut ihr euch, dass sie Euch mit Blumen überschütten. Aber in Wirklichkeit war von Panzern früher ebenso wenig die Rede, wie jetzt keine besonderen Kränze geflochten werden.“

Vielleicht hat er Recht, aber erinnern wir uns zunächst an die Ereignisse in Russland. Wladimir Putin flog an den Ort der Katastrophe nach Smolensk, blieb dort bis vier Uhr früh am Sonntag und kam schon am nächsten Tag zur Verabschiedung des Sarges wieder. Selbst anlässlich einer Katastrophe, die das ganze Land so aufwühlte wie der Untergang der „Kursk“  – dem Stolz der russischen Flotte –, sah man von Putin keine derartigen Gesten.

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