Schon Stanisław Wyspiański [1869 - 1907, Anm. d. Red.] rümpfte in seinem Drama "Wyzwolenie" (Die Befreiung) [aus dem Jahr 1903, Anm. d. Red.] die Nase über „die Manifestierung des Polentums“ und darüber, dass „man auf Schritt und Tritt und täglich Polen macht“. Es störte ihn, weil es so wirkte „als gäbe es Polen nicht“, dabei gab es Polen doch. Wyspiański schrieb dies vor über hundert Jahren, als Polen als unabhängiger Staat tatsächlich nicht existierte, es aber dem Polentum recht gut ging. Heute haben wir einen freien Staat, doch die Streitigkeiten um den Patriotismus und darum, wer der bessere Pole ist, hören nicht auf, vor allem während des Wahlkampfes, wo die Frage, wo die wahrsten Polen wohnen und wen sie unterstützen, in vollem Ernst gestellt wurde. Zuweilen wird der Musterpole entworfen, der auf dem väterlichen Erbe seit seinen Urahnen ansässig ist, ein Hiesiger, im Gegensatz zum „zugewanderten Element“ ohne Wurzeln, ohne Bindung, gemeint ist: ohne patriotische Einstellung. So werden Stereotypen geboren.
Auch wird das Polentum als Event wiedergeboren, wobei das Fernsehen tatkräftig mithilft. Kurz nach der Katastrophe von Smolensk wurde uns eine gewaltige Dosis an Manifestierungen des Polentums geboten [s.a. PaD 62 „DIE GENERATION DER WAHREN POLEN“ vom 30. April 2010]. Es lässt sich schwer sagen, ob mit dem gewünschten Effekt, sprich ob dies die tiefe Spaltung der Gesellschaft etwas aufheben konnte. Denn so wie es nicht nur eine Definition von Patriotismus gibt, gibt es auch nicht nur eine Definition des Polentums. Diese Vielzahl ist ein Indiz für den Reichtum unserer Geschichte und Kultur.
Patriotismus ist eine schöne, aber schwierige Sache. Das Polentum ist eine noch schwierigere Sache. Man macht aus ihm gern das gleiche wie aus dem Patriotismus: Eine Show für den Massenkonsum und ein Instrument für den Wahlkampf.
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