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Glaube, weil du kein Tier bist

Piotr Sawecki / Reporter
Es fällt heutzutage schwer, von einem säkularen Charakter der polnischen Schule zu sprechen. In vielen Schulen beginnt und endet das Schuljahr mit einer Messe. In den Klassen hängen Kreuze. Schulfeste werden religiös umrahmt. Dies entspricht im Übrigen den Weisungen der Erzdiözese Warschau hinsichtlich der Mission und Aufgaben eines Katecheten, denen zufolge „er sich programmatisch in patriotische, schulische und kirchliche Feierlichkeiten einbringen sollte.'

Es fällt heutzutage schwer, von einem säkularen Charakter der polnischen Schule zu sprechen. In vielen Schulen beginnt und endet das Schuljahr mit einer Messe. In den Klassen hängen Kreuze. Schulfeste werden religiös umrahmt. Dies entspricht im Übrigen den Weisungen der Erzdiözese Warschau hinsichtlich der Mission und Aufgaben eines Katecheten, denen zufolge „er sich programmatisch in patriotische, schulische und kirchliche Feierlichkeiten einbringen sollte."

„Nur bitte nicht mit Namen. Und am besten nicht schreiben, von welcher Schule", diese Bedingung stellen fast alle Gesprächspartner. Die Angst, die unter Minister Giertych ihren Höhepunkt erreichte, ist keineswegs aus den Lehrerzimmern verschwunden, und sie ist das erste Signal, dass etwas nicht stimmt. „Einmal fragte eine Katechetin meine Schüler, was sie von Empfängnisverhütung halten. Als sie ehrlich antworteten, begann sie zu schreien, das werde der Kaplan erfahren und sie würden nicht die Zustimmung zur kirchlichen Trauung erhalten. Zum Schluss war sie beleidigt und weigerte sich am Jahresende, Noten auszustellen. Irgendwie gelang es, zum Bischof vorzudringen, und diese Dame wurde abberufen, aber seitdem werden wir irgendwie merkwürdigerweise bei der Verteilung von Geldern für Preise oder Reparaturen übergangen", berichtet eine Lyzeallehrerin aus Westpommern. „Vielleicht ein Zufall, vielleicht auch nicht. Das kirchliche Umfeld ist an Kritik nicht gewöhnt, und zugleich ist es einflussreich." Laut einer CBOS-Umfrage im vergangenen Jahr sprachen sich mehr als 70 Prozent der Polen dafür aus, dass der Religionsunterricht in den Schulen stattfindet. Aber auf die Frage, was in diesen Stunden gelehrt werden solle, antwortete über die Hälfte, Kenntnisse über die verschiedenen Religionen und Glaubensbekenntnisse. Etwas abweichende Daten ergab eine Umfrage, die von dem Forschungsinstitut ARC Markt und Meinung im Auftrag der Tageszeitung „Polska" durchgeführt wurde. Mehr als 50 Prozent der Eltern schulpflichtiger Kinder sieht in Gemeinderäumen den Ort der Katechese.

In der Grundschule liegt die Teilnahme am Religionsunterricht bei mehr als 90 Prozent. In den Gymnasien ist sie nach wie vor hoch, denn hier entscheiden immer noch die Eltern für die Schüler. Es geht auch darum, die Firmung abzuwarten. Seit zwei Jahren gibt es allerdings Anzeichen dafür, dass die Jugendlichen in immer größerer Zahl auf die Katechese verzichten. Die von der Kirche gemeldeten statistischen Daten sind möglicherweise schon überholt, und neue werden erst 2010 veröffentlicht. Laut der Diözesanverwaltung in Łódź verzichtet in den höheren Schulen jeder dritte Schüler auf den Religionsunterricht. In anderen Großstädten sogar die Hälfte.

Esst keine Oblaten

In einer Diskussion, die in der Monatszeitschrift „Znak" veröffentlicht wurde, fragte sich Pater Bogusław Mielec, „ob diese jungen Menschen nicht Religion so sehen, wie wir in den 70er oder 80er Jahren die Staatsbürgerkunde - als Ideologie." Man muss nur einen Blick in Schülerforen werfen, um festzustellen, dass diese Vermutung zutreffend ist. „Ich bin ein Atheist, der konformistisch lebt, sehr konformistisch. Vor einer Woche wurde ich vom Erzbischof selbst gefirmt, in Anwesenheit der Notabeln aus der Stadtverwaltung und des Stadtpräsidenten. Jetzt werde ich all diese hohlen Gesten verrichten, bis zur Trauung - weil es einfacher so ist. Mit den Großeltern, den Tanten und Eltern. Ich zähle darauf, dass der Atheismus so weit verbreitet sein wird, dass mein Kind nicht mehr wählen muss, entweder seinen Angehörigen Unannehmlichkeiten zu bereiten oder sich selbst", bekennt Marchołt. Andere verwenden bei der Beschreibung der Katechese Ausdrücke wie Indoktrinierung, Maulkorb, Herunterleiern, was einem aufs Auge gedrückt wird. Sie schreiben von der Erleichterung, als sie nach Abschluss der Schule nicht mehr den Katholiken vortäuschten. Diese Aussagen stammen vom Online-Portal „Der Atheist". Doch auf dem Portal „Der Katholik" herrscht ein ähnlicher Ton vor: Zwang, Konservatismus, Langeweile, starres Denken, Dialogunwilligkeit.

Religion hat in der Schule einen extraterritorialen Status. Über die Lehrinhalte und -formen entscheidet die Kirche, das Bildungsministerium hat nichts zu sagen. Die Besetzung der Katechetenstellen hängt ausschließlich vom Bischof ab. Aber in umgekehrter Richtung gilt diese Unabhängigkeit nicht immer. In vielen Schulen erfüllt der Katechet die Funktion eines Ideologie-Offiziers, der aufpasst, dass die Empfehlungen der Kirche im Schulleben befolgt werden.

„In meiner Schule gelang es, den Stundenplan so einzurichten, dass Religion entweder am Anfang oder am Ende des Unterrichtstags lag. Als Folge davon mangelte es an Teilnahmewilligen, worüber der Priester die Stadtverwaltung informierte. Die Direktorin musste sich rechtfertigen und den Plan ändern", berichtet eine Mathematiklehrerin aus Stettin. Eine andere schildert, wie ein Priester die Auflösung der Rollen- und Fantasy-Spiel-Zirkel an ihrem Lyzeum anordnete, weil er das für Satanismus hielt. In Kościelec bei Proszowice ordnete der Pfarrer im Zusammenhang mit dem Besuch einer Kopie der wundertätigen Bildes von Jasna Góra im Dorf eine dreitägige Rekollektion an, und der Direktor schloss gehorsam die Schule. Das Verbot, freitags Disco-Abende zu veranstalten, ist eine beinahe allgemeine Praxis. In einem Lyzeum hing im Flur die Bekanntmachung: „Die Katechetin teilt mit, dass es nicht erlaubt ist, Oblaten zu essen, weil sie an den Leib Christi erinnern." Es kam vor, dass ein Katechet auf der Lehrerkonferenz eine Absenkung der Betragensnote eines Schülers verlangte, der statt „Gelobt sei Jesus Christus" nur „Gelobt sei er" sagte.

Von Messe zu Messe

Wie fühlen sich Nichtgläubige in der Schule? „Als ich zur Grundschule ging, um meinen Sohn anzumelden, war das erste, was wir sahen, ein großes, sehr realistisches Plakat mit dem gekreuzigten Jesus. Das Blut tropft unter der Dornenkrone hervor, und darunter die Unterschrift: ‚Er litt auch für Deine Sünden.' Mein Sohn war schockiert", erzählt Ewa. „Wir haben ihn nicht zum Religionsunterricht angemeldet, aber auch so ging es nicht ohne Kollisionen ab. Die Katechetin organisierte jedes Jahr den Tag des ungeborenen Lebens. In der Haupthalle lagen von Viertklässlern gezeichnete Schülerzeitungen aus, mit durchgekreuzten Embryos und der Aufschrift: Mama, Du sollst nicht töten. Und ich musste diese Krassheiten dann meinem Kind erklären."

Obwohl Krzysio aus einer nichtgläubigen Familie stammt, meldete er sich zum Religionsunterricht an. Er ist ein Adoptivkind mit Erziehungsproblemen, schlicht gesagt: nicht sehr artig. Eines Tages kehrte er verheult von der Vorbereitung auf die Erstkommunion heim, weil der Priester ihn „am Hals gezogen" habe. „Bestimmt hat er Krach gemacht, der Priester hat ihn am Schlafittchen gepackt und geschüttelt, aber bei uns zu Hause wird keine Gewalt angewendet", erzählt Krzysios Mutter. „Ich habe versucht, mit dem Priester zu reden, aber er hat mich komplett missachtet. Ich ging zum Kaplan, der mir vorwarf, ich würde ihn hinterhältig ansehen. Zum Direktor bin ich nicht gegangen, der hat sowieso nichts zu sagen. Krzyś hat sich vom Religionsunterricht abgemeldet."

Das Problem ist, dass sie in einem kleinen Ort leben. Da beginnt nicht nur das Schuljahr mit einem Gebet, sondern jeder Tag, jede Klassenfahrt. Krzysio tat anfangs so, als ob, bewegte die Lippen, aber jetzt möchte er das nicht mehr. Er will auch nicht mehr ins Schullandheim fahren, denn da gab es täglich eine Messe und freitags ein Rosenkranzgebet. „Er ist völlig isoliert. Als einziger in der ganzen Schule geht er nicht in den Religionsunterricht. Ein Schüler zweiter Klasse", fasst Krzysios Mutter zusammen.

Abweichler und Terroristen

Kinder einer Grundschule im Warschauer Stadtteil Zacisze hörten von ihrer Katechetin, ein nichtgläubiger Mensch sei eine Art Tier. In dem Lehrbuch für die zweite Lyzealklasse „Mit dem Glauben ins Leben und die Welt" kann man lesen: „Es gibt eine für den Menschen gefährliche Versuchung, auf einem Niveau zu existieren, wie es für die Tierwelt charakteristisch ist. Laizistische Kreise lancieren eben ein solches Menschenbild." Sozialkunde ist eines der Fächer, die mit der Katechese inhaltlich auf Kollisionskurs geht.

„Es wurde Druck auf mich ausgeübt, auf schwierige Themen wie Homosexualität, Euthanasie oder Todesstrafe zu verzichten, weil Jugendliche sich nicht zu ihnen äußern sollten", erinnert sich eine Sozialkundelehrerin. „Dabei soll mein Fach lehren zu diskutieren, zu argumentieren, die eigenen Standpunkte darzulegen."

In der Katechese, die dieselben Themen anschneidet, wird eine Diskussion mit der Feststellung beendet: Das ist die Position der katholischen Kirche, und da ihr Katholiken seid, folglich auch eure Wie soll man in Sozialkunde Toleranz gegenüber Menschen anderer sexueller Orientierung lehren, wenn der Katechese zufolge doch Abweichler zu tieferen Gefühlen nicht fähig sind? Wie soll man Respekt vor andersartigen Traditionen lehren, wenn auf der Liste der Sekten auch Yoga-Bewegungen oder die Buddhistische Gemeinschaft Karma-Kagyü stehen? In einer von Pater Tadeusz Śmiecha herausgegebenen Lehrbuchreihe wird der Ökumene, verstanden als Achtung vor anderen Bekenntnissen und Streben nach Wiederherstellung der Einheit der Christen, jedoch ohne die Dominanz einer Kirche über die anderen, viel Platz eingeräumt. Der Dialog mit Nichtgläubigen dagegen beginnt mit dem Satz: „von Natur aus dumm sind alle Menschen, die Gott nicht kennengelernt haben", der gewürzt wird mit einem Geschichtchen über einen Jungen, den der Atheismus in die Drogenabhängigkeit führte. Das Thema Kirche und Politik erledigt die lapidare Feststellung: „Politik ist ein Teil des Lebens der Menschen. Die Kirche ist ebenfalls ein Teil davon.

Ist es daher verwunderlich, dass die Kirche in der Politik präsent ist, auf sie einzuwirken und sie zu heiligen wünscht"? Polen ist den Autoren zufolge der Gewissensbiss des säkularisierten Europa, auf das es „ausstrahlen" und das es „bereichern" sollte. Europa dagegen sollte „vor hervorragenden Polen bewundernd innehalten". Hausaufgabe: „Erläutere, welche Gefährdungen vom europäischen Lebensstil, der die christlichen Werte missachtet hat, ausgehen können." Soviel zur Integration.

Abtreibung und Sterbehilfe werden in einem Atemzug mit Terrorismus und Bürgerkriegen genannt. Gemessen daran, wie viel Raum in der Lehrbuchreihe das Problem der Abtreibung einnimmt, könnte man zu dem Schluss kommen, dass deren Verbot eine der wichtigsten Glaubenswahrheiten ist. Da gibt es eine Menge Geschichten über Frauen, die DAS getan haben, was mit ihrem völligen Zusammenbruch endete. Geheilt wurden sie erst durch die Teilnahme an der Heiligen Messe. Diejenigen, die DAS trotz allem nicht taten, lebten lange und glücklich. Zu den Wehrlosen, die der sozialen Solidarität bedürfen, zählten die Autoren ungeborene Kinder, ältere Menschen und unheilbar Kranke. Die geborenen Kinder fanden keinen Platz auf dieser Liste.

Herr, hilf China

Was muss ein erregter Gymnasiast tun? Beten, um die Aufmerksamkeit von dem abzulenken, was ihn fesselt: „Lasst uns beten für die Völker der Welt und mit jedem Atemzug ein Land benennen: Herr, hilf England, Frankreich, Deutschland, hilf China, Indien und Japan. Wenn jemandem keine Länder einfallen, kann er stattdessen Städte und Dörfer benennen", empfiehlt das Handbuch „In meiner Kirche". Onanie ist eine Sünde, „schlimmer als die Atombombe", erfahren Oberstufenschüler aus einer Geschichte über einen Jungen, der in diese verderbliche Angewohnheit verfiel. Mädchen und Jungen unterscheiden sich grundlegend. Ein Mädchen erlebt im Zusammenhang mit der erwachenden Sexualität emotionale Zustände und verliebt sich. Ein Junge dagegen „muss sich innerlich sammeln, denn bei ihm sind Sex und Gefühle voneinander getrennt. Tut er das nicht, und hilft ihm das Mädchen nicht dabei, dann wird er eine lieben und mit einen anderen Verkehr haben." Empfängnisverhütung führt zu Unfruchtbarkeit, sie ist ein „unsägliches Übel" und ein „blasphemischer Akt der Verleugnung der Schöpferkraft Gottes". Sie zerstört die Liebe, indem sie sie in einen unpersönlichen Konsum sexueller Dienste verwandelt und erniedrigt die Frau, indem sie sie zum Objekt macht. Ähnlich wie nichteheliche Verbindungen, weil sie ausschließlich auf Sex beruhen. Natürliche Methoden helfen dagegen, Gesundheit und Jugend zu erhalten, sie vertiefen die Liebe und machen glücklich. Ihre Wirksamkeit wiederum erreicht 98 Prozent.

Ost und West verhalten sich äußerst unterschiedlich gegenüber der Mutterschaft: „Schwanger zu sein, ist im Westen eine erniedrigende Lage. Auf der Straße wird eine schwangere Frau teilnahmsvoll und mitleidig angesehen: die Arme! Oder noch schlimmer - verächtlich: Dumme Person, hat es nicht verstanden, die Sache anzupacken!" Dafür verneigen sich die Menschen im Libanon vor einer Schwangeren und schlagen das Segenszeichen.

Unterdessen hat das ungeborene Kind - wie das Schulbuch lehrt - absolute Priorität. „Es bestimmt die Regeln! Es ist völlig unabhängig, unter zwei Bedingungen: dass niemand den ‚Raumanzug' (die Mutter? - Anm. der Autorin) zerstört und dass es von der Mutter mit Nahrung versorgt wird." Es betet zusammen mit der ganzen Familie und macht einen Hüpfer im Schoß, wenn die Mutter die heilige Kommunion empfängt. In vitro ist absolut verboten. Allerdings beugen sich die Autoren bekümmert über unfruchtbare Paare und offerieren ihnen zum Trost die Geschichte von den Eheleuten, die keine Kinder haben konnten, was sich jedoch änderte, als sie sich kirchlich trauen ließen. So sieht, kurz gefasst, die Sexualerziehung aus, die die von Pater Śmiecha herausgegebenen Lehrbücher Gymnasiasten und Lyzealisten anbieten.

Eine infantile Katechese zügelt die Sexualität von Teenagern nicht, dagegen enthält sie ihnen solide, wissenschaftliche Kenntnisse zu diesem Thema vor. Wie groß das Maß der Ignoranz ist, zeigen die jährlichen Berichte der Sexualpädagogengruppe Ponton, die in den Ferien ein Vertrauenstelefon einrichtet. Die Teenager fragen, ob Eiswürfel eine wirksame Empfängnisverhütung sind, oder ob sie extrauterin schwanger werden können, wenn sie Spermien hinunterschlucken, oder ob Masturbation zu Unfruchtbarkeit führt, oder ob es unmöglich ist, schwanger zu werden, wenn der Kerl während des Geschlechtsverkehrs betrunken ist. Aus diesen Fragen und Schilderungen spricht eine obsessive Angst davor, schwanger zu werden. 20.000 Teenager pro Jahr werden es auch. Aus den Berichten von Ponton ergibt sich ebenfalls, dass 14-Jährige bereits mit Analsex experimentieren: Er schützt nicht nur vor Befruchtung, sondern ermöglicht auch, die Jungfräulichkeit zu bewahren, wie die Kirche es will.

Darwins Ketzereien

Die Katechese kann auch mit solchen Fächern wie Geschichte oder Biologie inhaltlich kollidieren, sie muss es aber nicht. Das hängt vom Unterrichtenden und von der Wahl des Lehrbuchs ab. Die Reihe „Auf dem Weg nach Emmaus" propagiert einen offenen Katholizismus, aber in den Lehrbüchern für Gymnasien, „In meiner Kirche" und „In der Liebe des Vaters" strotzt die Kirchengeschichte vor Verschweigungen und Auslassungen. Bei der Schilderung der Entwicklung der Ketzerei der Katharer und Waldenser räumen die Autoren zwar ein, dass sie zunächst die Ratlosigkeit der Kirche offenbart habe, doch sei es gelungen, ihren Einfluss durch die Gründung der Bettelorden der Dominikaner und Franziskaner zu neutralisieren.

Kein Wort darüber, wie man die Ketzer „neutralisierte". Im nächsten Kapitel, „Erinnerung und Vergebung in der Kirche", wird zwar von der Inquisition gesprochen, aber beinahe in jedem Absatz die Tatsache hervorgehoben, dass es sich um ein gemeinsames Vorgehen von Kirche und Staat handelte. „Es gab zwei Arten von Strafen für Ketzerei. Die einen hatten den Charakter einer religiösen Buße (bestimmte Gebete, Fasten, Wallfahrten). Die anderen waren Repressionen in der weltlichen Gesetzgebung. Zu ihnen zählten: Geldbußen, Freiheitsstrafen, die Zerstörung von Häusern, die Beschlagnahme von Eigentum, bis hin zur Möglichkeit der Verbrennung auf dem Scheiterhaufen", schreiben die Autoren.

Im Vatikan ist der Streit über Darwin schon längst beigelegt. Es gibt keinen Widerspruch zwischen dem Glauben und der Evolutionstheorie, handelt es sich doch um zwei voneinander getrennte Ordnungen. Leider scheint diese Nachricht noch nicht bei allen Religionslehrern angekommen zu sein. Ein Teil von ihnen nimmt die Schöpfungsgeschichte aus dem Buch Genesis allzu wortwörtlich. Die Lieblingsgaudi von Grundschülern ist es dann, sie mit der Frage nach den Dinosauriern zu piesacken.

Die Rationalisten-Vereinigung hat kürzlich eine Online-Umfrage unter Schülern durchgeführt, wie an ihren Schulen die Evolutionstheorie behandelt wird. Es stellt sich heraus, dass es auch noch im 21. Jahrhundert vorkommt, dass Oberstufenschüler, die dieses Thema anschneiden, vom Priester als Affen beschimpft und aus dem Klassenzimmer geworfen werden. „Donnerstag. Ich komme in die Schule - Religion. Der Priester erzählt von der Erschaffung des Menschen. Er spricht über den Kreationismus und die Saatkorntheorie. Er lässt nicht zu, dass wir miteinander diskutieren, hört nur denen zu, die praktizieren, und gibt den Gläubigsten die höchste Note. Das Paradox besteht darin, dass wir nach Religion Biologie haben und da gerade das Kapitel über die Evolutionstheorie durchnehmen. Ich frage mich, wie ich diese Fächer, die derzeit gleich wichtig sind, miteinander vereinbaren soll", schreibt einer der Befragten. Wie sich aus anderen Aussagen ergibt, kommt es vor, dass die Haltung des Katecheten auf manche Biologielehrer „eigentümlich ausstrahlt" Entweder vermeiden sie das Thema Evolution ganz, oder sie unterstreichen, dass sie eine von vielen Theorien ist, die noch nicht bewiesen wurde.

Eis im Religionsunterricht

„Was ist eine Person? Die Person ist die individuelle Substanz der vernünftigen Natur"; „Warum ist die Kirche heilig? Weil der Heilige Geist, der Heiland in ihr präsent ist" - und weiter einige Dutzend Formeln in ähnlichem Stil. Das sind Testmaterialien für die 2. Gymnasialklasse. Eine Katechese in dieser Form widerspricht dem Geist der vom Erziehungsministerium eingeführten Programmreform, die auf Kompetenzentwicklung abzielt und die Schüler vom Auswendiglernen entlasten soll. Die hermetische Sprache ist mit infantilen Geschichtchen durchwoben, wie der über den Jungen, den die Katechese langweilte, der Rock hörte, sich zu Kung Fu anmeldete und in einer Sekte endete („In der Liebe des Vaters", 2. Gymnasialklasse). Berichte über medizinische Beweise dafür, dass „der Rhythmus des Rock dem natürlichen Rhythmus des Körpers zuwiderläuft", oder darüber, dass Queen, AC/DC oder die Rolling Stones satanistische Gruppen sind, werden mit warnenden Versen abgerundet: „Lass dir vom Alkohol nicht alles nehmen/ den Frieden des Lebens und die Schönheit der Seele trüben/ den Kopf verdrehen und die Augen blenden/ die alles sehen, was lebt und sich bewegt."

Pater Robert Wawrzeniecki, der seit vielen Jahren Religion in Schulen lehrt, schrieb vor kurzem im „Tygodnik Powszechny", eine ungeschickt geleitete Katechese produziere massenhaft Atheisten. Für rebellische Jugendliche sei ein Katechet, der es nicht verstehe, einen Dialog aufzunehmen, und konformistisches Verhalten erzwinge, ein gewöhnlicher Politruck. Doch ähnlich demoralisierend könne die Haltung eines Lehrers sein, der unter Ausnutzung seines besonderen Status völlig seine Pflichten vernachlässige.

„In meiner beruflichen Laufbahn sind mir acht Katecheten untergekommen. Nur zwei haben sich redlich bei der Arbeit ins Zeug gelegt, den anderen konnte alles den Buckel herunterrutschen", erinnert sich eine Polnischlehrerin eines Stettiner Lyzeums. „Einmal sah ich das Klassenbuch meiner Klasse durch und bemerkte, dass die Themen des Religionsunterrichts dort gar nicht eingetragen waren. Eine der Schülerinnen erklärte mir, dass sie mit dem Priester ein Abkommen hätten: Der Unterricht findet nicht statt, und er gibt allen Bestnoten. Ein anderer beurlaubte sich andauernd von den Stunden, vor der Lehrerkonferenz musste ich zur Kirche rennen und ihn suchen, damit er die Noten ausstellte. Es endete damit, dass ich sie selbst vergab. Wieder ein anderer sah sich während des Unterrichts mit den Schülern eine dümmliche amerikanische Komödie an, ‚Eis am Stil'", berichtet sie. In einem privaten Warschauer Gymnasium verwandelt sich jedes Treffen der ersten Klassen mit der Religionslehrerin in eine einzige große Klage über die bisherige Katechese.

„Auf der einen Seite kenne ich persönlich viele phantastische Katecheten, aber wenn ich diese Geschichten höre, gewinne ich den Eindruck, dass Antisemiten und Xenophobe unsere Kinder in Religion unterrichten", erzählt eine Lehrerin. „Vielleicht melden sich die, die prima Lehrer hatten, einfach nicht", spekuliert sie. Doch sie räumt ein, selbst fatale Erfahrungen gemacht zu haben. Auf einer der obligatorischen Schulungen für Katecheten hörte sie, Pater Józef Tischner wäre ein jüdischer Freimaurer gewesen. „Ich war seine Studentin, er hat mich den Glauben gelehrt. Es schüttelte mich, ich ging hinaus, schlug die Tür zu und kehrte nie wieder dorthin zurück."

Die Schule, in der sie unterrichtet, ist etwas Besonderes. Im Religionsunterricht gibt es keine Lehrbücher, Hefte, Tests oder Gebetspädagogik durch Auswendiglernen. Nur eine Diskussion, bei der alle Gesichtspunkte zulässig sind, und sie selbst versucht lediglich, den Standpunkt der Kirche darzulegen und zu erläutern, woher er kommt; sie überredet niemanden mit Gewalt. „Bei uns gibt es Ethikunterricht", fügt sie hinzu, „also kommen die zu mir, die es wirklich wollen, manchmal drei, vier aus der Klasse. Ich fühle mit den Katecheten, die Jugendliche in Religion unterrichten, die man dazu gezwungen hat.

Eine Quadratur des Kreises

Weil es sich so gehört, weil es keine Alternative gibt, weil die Eltern es sagen, weil es Repression geben kann, wegen der Bescheinigung der Firmung - es gibt eine Menge Gründe, deretwegen sich nichtgläubige oder religiös indifferente Schüler zur Katechese anmelden. Vor einigen Jahren wurde in einer Diskussion der Zeitschrift „Znak" schulische Katecheten mit Missionaren im peruanischen Dschungel verglichen, die diejenigen unterrichten, die selbst nicht in die Kirche kommen würden. Die Katecheten geben zu, dass die Schüler sich oft über sie lustig machen, sie provozieren oder in peinliche Situationen bringen. Unlängst forderten Religionslehrer, die im Portal natan.pl diskutierten, eine Zugangsverschärfung zur Katechese für Schüler, die über den Glauben und Gott herziehen. Für die kirchliche Hierarchie ist das Wichtigste und Entscheidende jedoch die Frequenz. Es wurde viel getan, damit sie möglichst hoch ist. Proteste gegen die Erteilung des Religionsunterrichts in der ersten oder letzten Stunde (für diese Lösung sprechen sich mehr als 80 Prozent der befragten Polen aus), der fiktive Status des Ethikunterrichts und zuletzt die Einbeziehung der Religion- oder Ethiknote in die Abiturdurchschnittsnote. Vielleicht sollte das den Rest der nicht am Religionsunterricht teilnehmenden Schüler überzeugen. Die Religionsnote kann den Durchschnitt leicht anheben, und da Ethik nicht angeboten wird, melden sich die Übriggebliebenen um des lieben Friedens willen zur Katechese an. Es hat allerdings den Anschein, dass dies das völlige Gegenteil zur Folge haben kann.

Erstens kann man, wenn die Religions- oder Ethiknote beim Durchschnitt gezählt und kein Ethikunterricht angeboten wird, nicht länger so tun, als würden Nichtgläubige in der polnischen Schule nicht diskriminiert (eine Klage liegt bereits in Straßburg).

Zweitens, lichtet sich die Teilnahme an der Katechese stark, wenn Ethik im Stundenplan auftaucht. Es sei nur der bekannte Fall der Klasse I D eines Lyzeums in Łódź erwähnt, die sich geschlossen für Ethik anmeldete. Es gab Befürchtungen, die Kirche werde auch dieses Gebiet kolonisieren wollen, und eine „reale Alternative" zu Religion wäre ein von Katecheten erteilter Ethikunterricht. Als jedoch in einem Breslauer Gymnasium eine Katechetin mit abgeschlossenem Philosophie- und Theologiestudium Ethik unterrichten wollte, wurde ihr dies von der Diözesanverwaltung entschieden untersagt. Der Pressesprecher der Diözese machte geltend, gleichzeitig Religion und Ethik zu lehren, stelle einen Interessenkonflikt dar. „Das ist so, als nähme ein Vertreter der Spirituosenindustrie an einer Anti- Alkohol-Kampagne teil", erklärte er. So merkwürdig es klingt, das eröffnet Chancen für einen säkularen Ethikunterricht. Dass bislang das einzige vom Ministerium zugelassene Ethiklehrbuch von einem katholischen Priester verfasst wurde, steht auf einem anderen Blatt.

Drittens schließlich darf man, da Religion bei der Durchschnittsnote zählt und ein Abiturfach ist, nicht mehr die Praktiken des religiösen Engagements und des Glaubens bewerten, sondern objektiv abfragbares Wissen. Das trifft die besten Katecheten, für die der Religionsunterricht in erster Linie Dialog und - wie sie selbst es bezeichnen - Hilfestellung bei der Begegnung mit Jesus, der religiösen Initiation bedeutet. Katechese bleibt schließlich die Vorbereitung auf die Sakramente. Laut dem „Direktorium für die Katechese" soll sie die Begegnung mit Gott begünstigen und in der Kommunion mit ihm festigen. Wie überträgt man das in ein System von Tests und Bewertungen? „Die schulische Katechese ist weder in vollem Umfang Katechese noch in vollem Umfang ein Schulfach, und sie kann es auch nicht sein. Darin scheint das wesentlichste Manko der Präsenz von Religion in der Schule zu liegen. In den Stundenplan gepresst, verliert sie ihren sakralen Charakter, wird zur Wissenschaft, oder vielmehr zu einem wissenschaftsähnlichen Gebilde", schreibt Michał Bardel, der oben erwähnte Chefredakteur von „Znak".

Es geht nicht darum, sich scheinheilig Sorgen darüber zu machen, ob die schulische Katechese Atheisten produziert, denn das ist ein Problem der Kirche. Da die Stimmen gegen die Präsenz der Religion in den Schulen auch aus dem katholischen Milieu kommen, kann man sich fragen, woher ein solch erbitterter Widerstand der kirchlichen Hierarchie rührt. Warum sieht der Episkopat in jedem Versuch einer Diskussion über dieses Thema einen Anschlag auf den Herrgott und die soziale Ordnung?

Warum ist eine Rückkehr der Religion in die Gemeinde unannehmbar? Bardel weist hier auf eine Spur hin: Geld. Die Katecheseräume sind längst vermietet, und das ist eine Einnahmequelle für die Kirche. Die Gehälter der Katecheten werden aus dem Staatshaushalt finanziert. Im letzten Jahr verschlangen sie fast eine Milliarde Złoty.

Der Artikel erschien in der Poliytka Nr.46/2008 vom 12.11.2008. Übersetzung Silke Lent.


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