Hat die Literatur ein Geschlecht? Schreiben Frauen anders? Ist weiblich gleichbedeutend mit feministisch? Diese und ähnliche Fragen tauchten Anfang der neunziger Jahre in heute nicht mehr existierenden Zeitschriften wie „BruLion" (Kladde), „ExLibris" oder „Nowy Nurt" (Neue Strömung) auf. Vorsichtig wurden sie in akademischen Seminaren und stürmisch bei Lesungen gestellt, die damals noch Autorenabende hießen, da die in die Mittelschicht aufstrebende Intelligenz das Wort „Promotion" nur mit Mühe lernte. Der Begriff „Ideologie" galt als Schimpfwort, und unter Literaturkritikern kursierte der Terminus „Menstruationsliteratur", der - wie die Legende will - von Professor Jan Błoński selbst geprägt wurde.
Es sah so aus, als würde um einen hohen Einsatz gespielt, als würde die Legitimierung der Einbürgerung von Frauen in die Literatur zur Entstehung irgendeines gerechteren, pluralistischeren Gesellschaftsvertrags beitragen. Denn der nach 1989 zu verzeichnende literarische Umbruch führte zahlreiche markante Stimmen weiblicher Autorinnen ein. Izabela Filipiak, Manuela Gretkowska, Olga Tokarczuk, Magdalena Tulli, Natasza Goerke, Kinga Dunin, die damals abwechselnd feministische Essays und hintersinnige (und viel gelesene) Romane für Jugendliche schrieb, und schließlich die Lyrikerin