Polnische Politiker vermeiden es für gewöhnlich, die Wirklichkeit eingehend zu reflektieren. Polnische Parteien schreiben ihre Programme erst während der Wahlkampagnen, wenn es aber ans Regieren geht, verlassen sie sich auf Professoren und Beamte und erwarten, dass erstere Wissen in die Regierung einbringen und letztere Kenntnisse über das Funktionieren eines Staatsapparates. Das Ergebnis solcher Herangehensweisen sind unfähige Regierungen, die im besten Falle in der Lage sind, einfache Reformen durchzuführen und die Regierungstätigkeit aufrecht zu erhalten, meistens gar nur letzteres. Besonders dann, wenn der Premierminister dem Zauber von Umfragenwerten erlegen ist und die Fähigkeit verliert, zwischen wichtigen und dringenden Dingen zu unterscheiden.
Die Regierung von Donald Tusk bildet hierbei keine Ausnahme. Anstatt den Staat umzubauen, verschiebt sie in ihm die Möbel, blockiert vom Veto des Präsidenten, der Wirtschaftskrise und politischer Trägheit. Aber in einem Punkt ist diese Regierung außergewöhnlich: Die Kanzlei des Premierministers hat ein Dokument hervorgebracht, das versucht, die Herausforderungen der kommenden zwei Jahrzehnte zu definieren.
Der Bericht ‚Polen 2030' ist auch Schlüssel zur polnischen Gegenwart. Auf 380 Seiten zeichnet ein Team junger Ökonomen, Juristen und Soziologen unter der Leitung von Michał Boni das faszinierende Panorama eines Landes, das sich im Umbau befindet, das befreit ist durch eine tief greifende Transformation und gleichzeitig gefesselt durch die tiefen Spurrillen der Zivilisation. ‚Polen 2030' berichtet von einem Land, in dem es keine Gegenwart gibt, in dem nur eine permanente Kraftprobe zwischen Zukunft und Vergangenheit stattfindet.
Die letzten zwei Dekaden waren wahrscheinlich die besten in der Geschichte Polens. Aber zu Beginn der nächsten zwanzig Jahre kommen völlig neue Herausforderungen auf Polen zu. Wir stellen Ihnen den Bericht ‚Polen 2030’ vor.
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