Inga Czerny: Die Polen sind entzückt von der Tatsache, dass ihr Landsmann dem Europäischen Parlament vorsitzen wird. Überbewerten Sie die Rolle des Präsidenten nicht? Worin besteht seine Arbeit?
Hans-Gert Pöttering: Es ist eine große Verantwortung, das Europäische Parlament zu leiten, in dem die Abgeordneten von beinahe 500 Millionen Bürgern aus 27 Ländern der EU versammelt sind. Der Präsident muss den Standpunkt des Parlaments gegenüber der Europäischen Kommission vertreten und verteidigen, aber auch gegenüber den Regierungen der Mitgliedsstaaten, mit denen das EP gemeinsam über den legislativen Prozess in der EU entscheidet. Die Gelegenheit dazu geben unter anderem die Europagipfel der Staatsoberhäupter, zu denen der Präsident eingeladen ist. Aber er spielt natürlich auch im Parlament selbst eine wichtige Rolle. Er leitet verschiedenste Gespräche, nicht nur die Plenarsitzungen in Straßburg oder Brüssel. Seine Hauptaufgabe ist es aber, den politischen Willen des Europäischen Parlaments in der EU, in Europa und der ganzen Welt zu repräsentieren.
Aber bevor das 700-Personen-Parlament seinen politischen Willen postuliert, also seinen Standpunkt, kommt es für gewöhnlich zu Streitigkeiten zwischen den politischen Fraktionen. Wie oft mussten Sie in der Rolle des Schlichters auftreten?
Der Vorsitzende des EP muss einen Kompromiss herstellen. Es gab viele Momente, in denen ich Konflikte lösen musste. Zumeist entstanden sie dadurch, dass die eine oder andere parlamentarische Kommission oder politische Fraktion von einem Gespräch zum anderen ihren Standpunkt änderte. Dann hat der Präsident die Aufgabe, daran zu erinnern, dass Zusammenhalt geboten ist.
Wie ist Ihnen das gelungen?
Der Einfluss des Präsidenten ist im Präsidium des EP [verantwortlich für das verwaltungstechnische und finanzpolitische Funktionieren im EP, in dem außer dem Präsidenten 14 Vize-Präsidenten und sechs Quästoren sitzen - Anm. d. Red.) besonders groß, ebenso während der Arbeiten in der so genannten Konferenz der Präsidenten, wo die Vorsitzenden aller politischen Fraktionen gemeinsam mit dem Präsidenten des EP darüber entscheiden, womit sich das Europäische Parlament befasst, welche legislativen Akte angenommen werden und wie die Tagesordnung der Plenarsitzungen aussieht. Meine Position war zum Beispiel sehr wichtig, als wir - zusammen mit der französischen Präsidentschaft der EU - einen Zeitplan für die Abstimmung über das Paket zum Kampf gegen den Klimawandel erstellt haben. Wir hatten mit den Franzosen ausgemacht, dass wir unsere legislative Arbeit im Dezember 2008 beenden würden. Das gelang uns und alle Richtlinien wurden vom EP schon in der ersten Lesung angenommen. Das war eine strategische Entscheidung.
Nimmt der Präsident des EP an den Abstimmungen teil?
Im Allgemeinen habe ich bei normalen legislativen Prozeduren nicht abgestimmt. Obwohl es mehrere Gelegenheiten gegeben hat, bei denen ich meine Stimme abgegeben habe: zum Beispiel bei der Entschließung zum Gewissen Europas und zum Totalitarismus. Ob er abstimmt oder nicht, dies ist eine Entscheidung, die jeder Präsident selbst treffen muss. Aber das ist schwierig, allein schon physisch! Wenn man die Sitzung leitet und dazu die Abstimmung, muss man sehr konzentriert sein und dann ist es schwer, gleichzeitig seine Stimme abzugeben.
Ihr Vorgänger, der spanische Sozialist Josep Borrell, hat viel Kritik geerntet dafür, dass er linke Forderungen favorisiert habe. Ist es schwierig, Präsident des gesamten Parlaments zu sein?
Ich habe nie einen Hel aus meinen Überzeugungen und Wertvorstellungen gemacht. Aber der Präsident des EP muss sich so ausdrücken, dass sich die Mehrheit des EP mit ihm identifizieren kann. Der Präsident ist keine normale Person, aber wenn er sich vollkommen neutral verhalten würde, wäre das ein Fehler. Ich bin nie so weit gegangen, dass sich Gegner der Europäischen Integration mit mir hätten identifizieren können.
Im Gegensatz zu Ihren Vorgängern sind Sie viel gereist, besonders in den Nahen Osten. Das kann Verwunderung hervorrufen, wenn man in Betracht zieht, dass die Kompetenzen des EP in der Außenpolitik begrenzt sind.
Jeder Präsident hat seine eigenen Prioritäten. Ich habe parlamentarische Diplomatie betrieben und mich der Förderung des interkulturellen Dialogs und dem Friedensprozess im Nahen Osten gewidmet. Das war der Grund für meine Reisen nach Israel, Palästina und in viele islamische Staaten. Ich bin in diese Länder gereist, um den Willen des EP zu präsentieren und den Friedensprozess in Nahen Osten zu unterstützen, der auf dem Konzept beruht, das zwei Staaten nebeneinander existieren: Israel und Palästina mit sicheren Grenzen.
Und warum haben Sie innerhalb von zweieinhalb Jahren 12 Mal Polen besucht?
Polen liegt - wie Johannes Paul II. gesagt hat - im Herzen Europas. Wenn mir 1979, als ich zum ersten Mal in das Europäische Parlament gewählt wurde, jemand gesagt hätte, dass 2004 Polen Mitglied der Europäischen Union sein wird, hätte ich das für mich an ein Wunder gegrenzt. Aber es ist eingetreten. Jetzt, da mein polnischer Kollege mein Nachfolger geworden ist, zeigt das auf symbolische Weise die wahre Vereinigung des Europäischen Kontinents. Um diesen Prozess abschließen zu können, ist es notwendig, den Lissabonner Vertrag zu ratifizieren. Meine Besuche in Polen waren hauptsächlich damit verbunden.
Natürlich ist dabei nicht ohne Bedeutung, dass ich Deutscher bin. Mein Vater ist in den letzten Kriegstagen, irgendwo in den östlichen Gebieten Deutschlands umgekommen, die heute in Polen liegen. Das war einer der Gründe, warum ich überhaupt angefangen habe, mich in der Politik zu engagieren. Ich habe immer fest an Versöhnung, Zusammenarbeit und Frieden zwischen Polen und Deutschen geglaubt.
Welchen Rat würden Sie Jerzy Buzek geben?
Ich möchte Jerzy Buzek keinen Rat geben. Ich kann nur sagen, dass er als Präsident des EP die Position des Parlaments gegenüber anderen europäischen Institutionen verteidigen muss. Er muss unsere Werte verteidigen. Und ich bin sehr glücklich darüber, dass mein Nachfolger diese Prinzipien und Wertvorstellungen teilt.
Und in welcher Sprache sollte Jerzy Buzek die Sitzungen leiten und öffentlich auftreten?
Das hängt vom Anlass ab. Ich habe zumeist Deutsch gesprochen, manchmal Englisch. Aber ich würde gern öfter die polnische Sprache im EP hören.
Wie soll mit den Extremisten umgegangen werden, die nach der jetzigen Wahl in das EP gekommen sind? Sie haben nicht gezögert, den euroskeptischen Abgeordneten die Diäten zu kürzen, wenn sie mit lauten Zwischenrufen die Unterzeichnungszeremonie der Charta der Grundrechte gestört haben.
Der Vorsitzende des EP muss zwar Moderator sein, aber in außergewöhnlichen Situationen muss er sehr entschieden auftreten und ich hoffe, dass ich das gezeigt habe. Toleranz darf nicht nur einseitig sein.
Ist es Ihnen als Kopf des Europäischen Parlaments gelungen, alle Ihre Ziele zu verwirklichen?
Nicht alles ist mir gelungen, denn ich wollte, der Lissabonner Vertrag wäre längst ratifiziert. Ich habe alles getan, damit es dazu kommt und ich hoffe, dass es noch in diesem Jahr gelingt. Eine meiner Prioritäten war auch die Reform des Europäischen Parlaments selbst, und das ist gelungen. Jetzt werden wir mittwochs während der Sitzung politische Hauptdebatten führen, und dienstags Debatten, die aus legislativer Sicht wichtig sind. Es hat sich auch die Zusammenarbeit zwischen den parlamentarischen Kommissionen verbessert. Das ist wichtig, gerade wenn man in Betracht zieht, dass die legislative Rolle des EP zunimmt. Wir haben auch über die Annahme eines Statutes für Assistenten der Europaabgeordneten entschieden und die Arbeit an einem einheitlichen Statut für Europaabgeordnete abgeschlossen. Außerdem habe ich vorgeschlagen, ein Haus der Europäischen Geschichte zu gründen. Die grundsätzlichen Entscheidungen sind hier bereits gefallen und als Leiter des Aufsichtsrates werde ich an diesem Projekt weiter arbeiten, so dass das Haus für Europäische Geschichte, das unsere europäische Identität und Zukunft zeigen soll, 2014 fertig gestellt sein wird. [Auf Pötterings Einladung hin haben im EP unter anderem der Syrische Großmufti Scheich Ahmad Badr el Dine El Hassoun, der Präsident von Ghana John Kufuor, der UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon, Dalai Lama sowie der Oberrabbiner Großbritanniens Jonathan Sacks gesprochen. - Red.] Leider ist es nicht gelungen, Benedikt XVI. in das Europäische Parlament einzuladen. Es war eine außergewöhnliche Zeit und ein großes Privileg, dass ich Europa dienen durfte. Jetzt ist Jerzy Buzeks Zeit.
Die Autorin ist Korrespondentin der PAP in Brüssel.
Das Interview erschien in der Polityka Nr. 29/2009 vom 15.07.2009.Übersetzung Antje Ritter-Jasinska
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